Anfangs scheint nicht viel zu passieren: Einer der üblichen Konflikte mit Verbündeten, dann eine Art biografische Erzählung von Radbods Werdegang. Viel davon muss fiktiv sein, denn die wenigen Quellen über den historischen Radbod stammen aus der Hand der verfeindeten Franken, die das Glossar wenig präzise als "germanisches Volk" vorstellt. In der Zeit der Handlung haben sich die ursprünglichen fränkischen Stämme längst derart mit den keltisch und römisch-italisch geprägten Volksgruppen in ihrem Einzugsgebiet vermischt, dass die kulturelle und sprachliche Zuordnung nicht mehr ganz so einfach ist.Abgesehen davon gewinnt die Geschichte nach diversen obligatorischen Jugendkonflikten und Rangeleien mit wortgewaltig auftretenden Missionaren spätestens dann an Schwung, wenn Radbod seine gewohnte Welt verlassen und allein zurechtkommen muss. Ab da wandelt sich das Buch für eine Weile zum Abenteuerroman, bis der Titelheld schließlich sein Recht auf das Herzogsamt geltend machen will. Fortan lauern die Gegner überall und Radbod muss sich zudem seiner Vergangenheit stellen. Die Bedrohung durch die Franken macht sich ebenfalls immer wieder bemerkbar, ihre rücksichtslosen Expansionspläne bringen friesische Handelsplätze und Heiligtümer schon bald in Bedrängnis.Erfreulicherweise setzt Crönert hier weniger auf neuzeitliche Heidenromantik, sondern zeichnet ein differenziertes Bild der friesischen Völker, die sich untereinander auch streiten, töten, verklagen, bei Langeweile sinnlos betrinken oder sich im Schildwall aus lauter Kampfbegeisterung gegenseitig tottrampeln. Gleichzeitig ist jedoch auch Platz für Kultur und Eigenart der Friesen. Die Macht des Herzogs und das Anfechten durch andere Stammesführer dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit tatsächliche Verhältnisse abbilden und in einer gelungenen Episode erfindet Radbod aus der Not heraus den Deichbau. Auch die Heereszüge der Friesen und deren Folgen für die Landbevölkerung kommen zur Sprache, anstatt Plündereien und Vergewaltigungen gnädig zu verschweigen. Radbods vereinzelte Zweifel an den eigenen Göttern erdet die Handlung zusätzlich, anstatt die an dem großen Umbruch beteiligten Religionen und Lebensentwürfe gegeneinander auszuspielen.Fazit: Was die Wikinger können, das können die Friesen schon lange! Die Lücken in der Überlieferung füllt der Autor mit glaubwürdigen Vermutungen, anstatt mit dem üblichen Hauen und Stechen. "Freyas Land" mag am Anfang nicht sofort zugänglich erscheinen, mit der Zeit entfaltet sich jedoch eine facettenreiche Geschichte, die mit ein wenig mehr Schwung durchaus auch das Zeug dazu hätte, in einem Atemzug mit den Kollegen Cornwell und Gablé genannt zu werden. Dazu müssten allerdings noch die zahlreichen orthografischen und typografischen Fehler der ersten Auflage getilgt werden, die die Qualität des Buches unnötig beeinträchtigen.Seitenzahl: 534Format: 12,1 x 20 cm, TaschenbuchVerlag: GmeinerBonusmaterial: Glossar, Nachwort mit Erklärungen zum historischen Hintergrund