Im aktuellen Roman "Das Erbe derer von Thurn und Taxis" greift die durch hervorragende historische Recherchen bekannte Autorin ein dunkles Zeitalter deutscher Geschichte, der 30jährige Krieg, auf. Gekonnt kombiniert sie diese Zeit mit dem bereits damals bekannten und betriebenen Transport von Post - eine zunehmend gefährliche Tätigkeit. Auf der Grundlage der überlieferten Ausgestaltung des Postbetriebs durch die inzwischen jedermann bekannte Familie "von Thurn und Taxis" zeichnet die Autorin ein detailreiches und ereignisreiches Bild nicht nur der mit dem Kriegsverlauf verbundenen Schrecken für die Bevölkerung, sondern gewährt auch kenntnisreiche Einblicke in die Übertragung der Verantwortung für den Postversand sowie die gefährlichen und teilweise auch tödlichen Transportwege. Und dies alles wird auf eine bemerkenswert einfache und verständliche Art und Wiese vermittelt. Gerade der komplexe Verlauf und auch Hintergrundinformationen zu den unterschiedlichen Kriegsverläufen eröffnen eine ganz neue Perspektive in der Wahrnehmung und dem Verständnis der realen und überlieferten Ereignisse.Die Romanhandlung wird getragen von dem zunächst noch sehr jungen Silas von Maringer, der genauso wie sein Vater, Oberstallmeister des Mainzer Kurfürsten, über eine ganz besondere Verbindung zu Pferden verfügt. Durch eine zufällige Begegnung lernt er die um einige Jahre ältere Alexandrine von Taxis kennen, die nach dem Tod ihres Ehemannes seine Nachfolge als Generalpostmeisterin bis zur Volljährigkeit des gemeinsamen Sohnes Lamo antritt. Fast unvorstellbar: eine verwitwete junge Frau mit zwei minderjährigen Kindern lenkt die Geschicke des Betriebs von Poststationen in einer Zeit, die an Unruhe, Grausamkeiten und Tod kaum zu überbieten ist. Alexandrine widmet sich dieser Aufgabe mit großer Hingabe, zahlt jedoch auch einen hohen Preis: bis zum Übergang der Stellung eines Generalpostmeisters auf den Sohn muss sie ledig bleiben.Eine gelungene Zeitreise, in der vor allem das Kriegsgeschehen eine wichtige erzählerische Rolle spielt. Die Einbettung der fiktiven Geschichte um die allerdings reale Person von Alexandrine wird gekonnt mit dieser Zeit verwoben. Dank einer eigens für diesen Roman angefertigten und beigefügte Landkarte der damaligen Zeit lassen sich die unterschiedlichen und wechselnden Kriegsfronten sehr leicht nachvollziehen sodass sich die sich daraus ergebenden neuen oder veränderten Routen der Postreiter sehr leicht erklären lassen. In den Charakteren von Silas, seiner Familie und Freunden wird ein sehr anschauliches Bild des damaligen Alltags mit all seinen unterschiedlichen Facetten so überzeugend ins Leben gerufen, dass es wenig Vorstellungskraft braucht, um alles vor dem inneren Auge auferstehen zu lassen.Etwas weniger Kriegsgeschehen und etwas mehr Romanhandlung wäre nicht schlecht gewesen. Trotzdem für mich ein sehr gelungener lesetechnischer Ausflug.