Für mich ist "Mama, bitte lern Deutsch" mehr als nur eine Autobiografie. Mit diesem Buch gibt Tahsim Durgun einen schonungslosen und gleichzeitig unglaublich feinfühligen Einblick in das Aufwachsen zwischen zwei Welten, wo sich viele wiederfinden werden und einige verstehen, was und wie es wirklich abläuft. Tahsim zeigt den täglichen Kampf um Anerkennung in der Gesellschaft, die Verantwortung für seine Geliebte Mutter und Integration, die zwar gefordert, aber selten wirklich gefördert wird. Das Buch wird mit beeindruckender Klarheit, Humor auf dem Punkt und wirklich tiefgründigen Momenten, die eigentlich kein Kind erleben sollte erzählt. Behördenbriefe übersetzen, erwachsene Entscheidungen treffen, während man selbst noch auf der Suche nach der eigenen Identität ist. Jede Zeile hat mich die Empathie, Stolz, Wut und die Liebe zu seiner Mutter, die so vieles trägt, aber so wenig gesehen wird, fühlen lassen. Besonders stark empfand ich die Verbindung aus persönlicher Erfahrung und gesellschaftlicher Analyse. Tahsim Durgun legt den Finger direkt in die Wunde, benennt absolute Missstände, spricht direkt aus, was viele nicht wahrhaben wollen. Doch er bleibt dabei stets nahbar, klug und reflektiert. Dieses Buch ist in meinen Augen eine klare Pflichtlektüre. Definitiv ein Muss für alle, die verstehen wollen, was es heißt, in einer geschlossenen Gesellschaft anzukommen und für alle, die vergessen haben, wie viel Stärke in vermeintlicher Schwäche steckt. Für mich ein Weckruf voller Respekt, Schmerz, Hoffnung und leiser Schönheit.Und für alle Hörbuchfans, Tahsim hat sein Hörbuch selbst eingelesen. Ich hab reingehört und fand es sehr gut.
