Stevensons zärtliche, verschrobene Reise in eine wilde Landschaft
Auf steinigen Pfaden und unter weitem Himmel entfaltet sich eine Reise, die zärtlich und knorrig zugleich ist. Robert Louis Stevenson und seine Eselin Modestine werden zu einem ungleichen Paar, das mir mehr über Menschsein beibringt als mancher philosophische Traktat. Ich folge ihm über Pässe, durch stille Dörfer und an rauen Flussufern, und immer wieder verblüfft mich die Wärme, mit der er Landschaft und Leute beschreibt ¿ ohne Verklärung, aber voller Verständnis. Seine kleinen Unwägbarkeiten, die improvisierten Biwaks und das mühsame Vorwärtskommen machen die Reise nahbar; man riecht das Weißbrot, hört das Klappern der Hufe und spürt die Müdigkeit in den Knochen.Manchmal bleibt die Stimme des Beobachters so liebevoll verschmitzt, dass ich lachen muss; dann wieder schlägt das Buch in Melancholie um, wenn Einsamkeit und Sehnsucht durchscheinen. Die Übersetzung fängt diese Nuancen treffend ein: klar, poetisch, ohne Schnörkel. Reisefieber mischt sich hier mit literarischer Sensibilität ¿ ein Buch, das Lust aufs Gehen macht und dabei immer wieder innehalten lässt. Für alle, die langsames Reisen, schroffe Natur und feine Beobachtungen lieben, ist dieses Werk ein kleiner, kostbarer Schatz.