Spannende Idee mit schwacher Umsetzung
Kurze Inhaltszusammenfassung:Nach dem Mord an ihrem Vater schwört Camilla Marchese, sich an der Familie Attano zu rächen - und landet ausgerechnet in einer Ehe mit einem von ihnen. Einst war sie die mächtigste Erbin der Stadt, doch nach dem Attentat liegt das Eisenbahnimperium ihrer Familie in Trümmern. Um es zurückzuerlangen, geht sie einen Deal mit Nicolai Attano ein - einem skrupellosen Unterweltboss, der alles verkörpert, wovor sie immer gewarnt wurde. Während in den Straßen der Stadt ein geheimnisvoller Entführer, der "Sammler", sein Unwesen treibt, sollen Milla und Nico gemeinsam versuchen, ihn zu fassen und so einen drohenden Krieg zwischen den Stadtteilen zu verhindern. Doch je tiefer sie in die düstere Welt aus Magie, Intrigen und alten Familiengeheimnissen eintauchen, desto mehr verschwimmen die Grenzen zwischen Hass, Loyalität und verbotenen Gefühlen.Klingt spannend - ist es am Anfang auch. Zwischen alten Relikten, düsteren Häusern, politischen Intrigen und einem zwangsverheirateten Duo, das sich angeblich hasst, hätte diese Fantasywelt voller Magie, Geheimnisse und unerklärlicher Ereignisse so viel Potenzial gehabt...Meine Meinung (Achtung: beinhaltet Spoiler): Ehrlich gesagt habe ich mir durch die Inhaltsangabe viel mehr versprochen, als das Buch letztlich zu bieten hat. Der Prolog und das erste Kapitel sind richtig stark - düster, spannend, voller Energie. Ich war sofort drin und dachte: Das könnte was werden! Leider verliert die Geschichte danach ziemlich schnell an Fahrt.Die Handlung wird mit jedem Kapitel wirrer, und trotz der komplexen Fantasywelt mit eigenen Begriffen und Strukturen gibt es kaum Erklärungen. Statt tiefer in diese faszinierende Welt einzutauchen, wird man von einer Szene zur nächsten geworfen, mit abrupten Actionszenen und zufälligen Ereignissen, die oft keinerlei Bedeutung für die eigentliche Story haben. Das Ganze wirkt teilweise so, als würde die Geschichte ständig den Fokus verlieren - besonders die gemeinsame Mission von Milla und Nico, den Sammler zu finden, rückt viel zu lange komplett in den Hintergrund, nur um später ganz beiläufig wieder erwähnt zu werden.Auch die Feindschaft zwischen den Marcheses und den Attanos, die laut Klappentext ein zentrales Element sein sollte, wird für meinen Geschmack nur oberflächlich angerissen. Man bekommt kaum ein Gefühl für die jahrzehntelange Rivalität oder die politischen und familiären Spannungen, die eigentlich so viel Potenzial gehabt hätten.Hinzu kommen mehrere Nebenstränge - etwa Felix Firenzes Machenschaften oder die Sache mit dem Ehevertrag und der Eisenbahn - die spannend beginnen, aber sich dann in Andeutungen und Andeutungen von Andeutungen verlieren. Die Beziehung zwischen Milla und Nico ist ebenfalls ein schwieriges Thema. Die "Tension" zwischen den beiden wird so überzogen in die Länge gezogen, dass sie irgendwann einfach nicht mehr glaubwürdig ist. Schon früh ist klar, dass da etwas zwischen ihnen ist - die ganze "Wir hassen uns, aber retten uns gegenseitig das Leben"-Nummer wirkt da nur noch aufgesetzt. Besonders, weil sie auf der einen Seite zärtlich miteinander umgehen und auf der nächsten Seite wieder völlig aus dem Nichts anfangen, sich anzufeinden. Milla selbst bleibt für mich ein sehr widersprüchlicher Charakter. Einerseits soll sie stark, unabhängig und clever sein, andererseits wird plötzlich erzählt, sie habe sich ihr Leben lang verbiegen und anpassen müssen. Das passt einfach nicht zu dem Bild, das man von ihr vorher bekommt. Auch die Dialoge wirken oft zu übertrieben und künstlich tough - da geht viel Natürlichkeit verloren.Zum Ende hin wird zwar einiges aufgelöst, aber auf so einfache und hastige Weise, dass es fast enttäuschend ist. Nico lässt den Inspektor mal eben verhaften, weil er ihn die ganze Zeit getäuscht hat - ohne großen Aufbau oder Konsequenzen. Und Figuren wie Sera, die anfangs wichtig erscheinen, verschwinden plötzlich für etliche Kapitel und tauchen am Ende wieder auf, um sich heroisch zu opfern? Das wirkt einfach nicht rund.Fazit:House of Bane and Blood hat wirklich eine tolle Grundidee - düstere Atmosphäre, ein spannendes Machtgefüge, moralisch fragwürdige Charaktere, eine Spur Magie - alles, was eine gute Dark-Fantasy-Romance eigentlich braucht. Aber die Umsetzung scheitert leider an der wirren Erzählweise, der fehlenden Struktur und den übertriebenen, oft sinnlosen Actionszenen.Von mir gibt's knappe 3 von 5 Sternen: für die Grundidee, den starken Einstieg und ein paar wirklich gute Momente. Aber insgesamt bleibt das Gefühl, dass hier so viel Potenzial verschenkt wurde. Ob ich Band 2 lesen werde ist fraglich. Zu oft hab ich beim Lesen die Augen verdreht oder einfach nur gedacht: "wtf? Wie sind wir jetzt bitte hier gelandet?"