Mit "Ikarus" habe ich meinen ersten Roman von Andreas Brandhurst gewagt. Eine Space Opera oder vielleicht auch Hard Science Fiction - auf jeden Fall ist das Buch anders als die Sci-Fi-Bücher, die ich bisher gelesen habe. In dem Buch geht es in erster Linie um Jamo Jamis Takeder, der ermordet wird. Allerdings hat er sein Bewusstsein aufgezeichnet und ein Kopiat erstellen lassen- Kopiat Jamo Jamis Takeder wird damit beauftragt, den Mörder seines Originals zu finden. Dabei kommt ihm immer wieder ein Wort in den Sinn: Ikarus. Doch was es bedeutet, weiß er nicht. Aber er will es herausfinden und taucht in die tiefsten Geheimnisse der Menschheit ein, muss sich sogar mit seinen Feinden verbünden ...Andreas Brandhurst schafft mit "Ikarus" eine faszinierende Welt. Wir befinden uns in einem anderen Sonnensystem als in der Milchstraße. Der Planet wird Tayfun genannt und dort herrscht ein System, in dem es sehr reiche Menschen gibt, sehr hoch verschuldete und sogenannte Balancierende. Tayfun wird von den Regulatoren beherrscht, eine sehr intelligente, außerirdische Rasse, die den Planeten vom Rest des Universums mithilfe von Schilden abschirmt.Ich gebe zu, am Anfang fiel es mir sehr schwer, mich in der Welt zurechtzufinden. In dem Buch wird nichts wirklich erklärt, man muss es sich selbst aus den Zusammenhängen her erschließen. Dazu nutzt der Autor viele selbst ausgedachter Begriffe, die ich regelmäßig im Glossar nachschlagen musste. Reisen durch Parallaxen, verschiedene Gruppierungen, Technik, die man sich heutzutage kaum vorstellen vermag, politische Twists, andere Planeten, Monde und Sonnensystem, virtuelle Realitäten ... der Science Ficiton Anteil nimmt kein Ende. Dadurch ist Ikarus kein Buch, dass man mal eben neben her lesen kann, sondern schon ein gewisses Maß an Konzentration braucht; alleine schon, um das Regelsystem zu verstehen, den Kampf zwischen Liberalisten und den Holdern, was die Regulatoren sind (und was die Protektoren), was geschehen ist und was eine andere Spezies noch mit allem zu tun hat ... hui, das war alles am anfangs super verwirrend, aber je mehr ich gelesen habe, desto klarer wurde mir alles. Für "Ikarus" sollte man also ein bisschen Geduld mitbringen, aber es lohnt sich, denn das ausgedachte System hat mich echt fasziniert!Die Geschichte selbst ist aber nicht weniger spannend. Es gibt drei große Handlungsstränge, die hinterher zusammenlaufen. Takeder, der seinen Mordfall aufklären muss, Mercurio, der versucht, die Holder von Tayfun zu stürzen und Lokri und Raffael, die auf seltsame, meteologische Messdaten stoßen und zu unwillkürlichen Marionetten werden.Am Anfang ist mir nicht klar gewesen, um was es bei Mercurios Handlungsstrang eigentlich geht. Seine Geschichte war irgendwie zäh, weil ich den Zusammenhang oder generell den Sinn nicht erkannt habe (das kam dann später). Der Strang von Takeder war von Anfang an sehr spannend - ich habe bei seinen Ermittlungen richtig mitgefiedert!Und auch dem METEO-Strang von Lokri und ihrem Partner war ich sehr zugetan, auch wenn er die kleinsten und wengisten Kapitel eingenommen hat.Das Buch muss man, um wirklich alles zu verstehen, wirklich bis zum Ende lesen; erst ab da wird vieles offenbart. Andreas Brandhurst versteht es meisterhaft, nur so viel Informationen preiszugeben, dass der Leser befriedigt wird, aber dennoch nach mehr lechzt - wie Takeder. Seine Charaktere empfinde ich allesamt als äußert gelungen. Sie alle vertreten ihre eigenen Meinungen, besitzen eine Tiefe, die ich in Büchern selten so lese. Besonders beeindruckt hat mit Kopiat Takeder, der sich von seinem Original doch deutlich unterscheidet. Es gibt sehr viel Handlung auf den knapp 560 Seiten; um mitzukommen, sollte man aufmerksam lesen, allein schon, um die verschiedenen Bezüge herzustellen. Bei "Ikarus" hat mir besonders viel Spaß gemacht, mitzurätseln, wer der Mörder sein könnte, denn der ist von Anfang an nicht ersichtlich. Überhaupt hat mich die Geschichte immer wieder begesiert; es gibt viele Wendungen in der Handlung, die ich so nicht erwartet habe - vor allem die große Geheimnislüftung über Ikarus selbst hat mir sehr gut gefallen, auch die Lösung des Problems. Andreas Brandhurst hat meiner Meinung nach eine wirklich brialliante, spannende und interessante Handlung geschaffen, die mich absolut gefesselt hat.Anfangs dachte ich, dass das Buch nichts für mich ist, eben, weil ich so Schwierigkeiten hatte, in die Geschichte reinzukommen. Aber ich habe immer weitergelesen, aus Neugierde und irgendwann wurde aus dieser Neugierde Begeisterung. Ich habe die Welt von "Ikarus" geliebt, diesen großen Einfallsreichtum, die Charaktere, die verschiedenen Handlungsstränge, die Geschichte, die Auflösung ... das Buch hat mich gepackt und nicht wieder losgelassen.Nichtsdestotrotz könnte ich das Buch nicht jedem empfehlen, sondern nur Lesern, die Sci-Fi-begeistert sind und nichts dagegen haben, sich über mehrere hundert Seiten mit dem komplexen Worldbuilding und Handlung auszusetzen. "Ikarus" ist in meinen Augen jedoch ein gelungener Roman und er wird definitiv nicht der letzte sein, den ich von Andreas Brandhurst lesen werde :)