Auf den ersten Blick scheint es erst einmal ein simpler, aber sehr wirksamer "Trick" zu sein, die Verhältnisse auf der Welt, auch historisch, einfach herumzudrehen. Nicht "der weiße Mann" hat die Welt militärisch und wirtschaftlich zu Zeiten erobert und sich zu eigen gemacht, sondern der afrikanische Kontinent hat das Rennen gewonnen. Mit ähnlichen Mitteln und klarem Ergebnis. Mit dem besonderen Schwerpunkt darauf, dass der Handel mit "weißen Sklaven" bestens funktioniert, eine wunderbare Einnahmequelle darstellt, zum Vergnügen nicht weniger Menschen dient und, natürlich, preiswerte und eng und kurz gehaltene Arbeitskräfte generiert. "Da muss ich also wieder einmal Bürodienst versehen und die Geschäftsbücher durchgehen, während der Boss, mein "Bwana", mit der ganzen Familie ausgegangen ist, um auf irgendeiner schicken Party in der Nachbarschaft die Rum-Cola Gläser klirren zu lassen". So siehts aus an diesem Ort der Sandstürme und Palmen, wo die Geschicke der Welt gelenkt werden. Mit sehr bildkräftiger, poetischer und wunderbar zu lesender Sprache bietet Evaristo Verhältnisse und Bilder ab, die gerade dadurch immens wirken, das all das an Leben du Ausnutzen und Verbindungen untereinander ja mit absolut alltäglich bekannten Lebensweisen darstellt, die eben nur eine "Täter-Opfer-Umkehr" in präziser und treffender Weise erzählen. Mit all dem, was dazu gehört für die Seite derer, die als "Eigentum" gehalten oder anderweitig einfach ausgenutzt werden. "Ich hatte gelernt, Menschen auch von hinten zu beurteilen...Manche trugen einen allesverzehrenden Zorn auf dem Rücken. Andere trudelten mit der Niedergeschlagenheit des Verlierers umher......, die fragen: "Wozu noch die Mühe"?Ich selbst wünschte mir den selbstbewussten Schritt einer Person, die Freiheit hat, nach den eigenen Vorstellungen zu handeln". Doch es wäre zu kurz gegriffen, das Werk als eine Form der Satire und Persiflage zu verstehen, die der "alten weißen Welt" dabei auch schmerzlich nur einen Spiegel vorhält. Denn die Themen, sich zu behaupten, einen eigenen Weg finden zu können, kämpfen zu müssen, Ohnmacht zu erleben und sich einfach "befreien" zu wollen sind wichtige, grundsätzliche Themen, die immer wieder vor Augen gestellt werden und immer wieder denn Blick in die Ecken und Winkel der modernen Gesellschaften, aktuell massiv und hoch drängend, in der die Freiheiten beschnitten, Druck auf Liberalität und machtvolles Bedrängen durch die Mächtigen der Welt an so gut wie allen anderen en Vogue zu sein scheint. Mitsamt der dahinterliegenden Angst, die zumindest vermeintliche Vorherrschaft auf der Welt für den eigenen Kulturkreis entweder ja nicht verlieren oder dringend (wieder) herstellen zu wollen.Mit allen Mitteln vom Krieg über Zölle, Entzug von Mitteln, Erpressung bis zur Spionage oder handfesten Drohungen, die das Repertoire der menschlichen Geschichte auch nur hergeben mag. Es kann eben auch in der Gegenwart sehr schnell damit gehen, eben noch friedlich im Garten zu spielen und dann umgehend mit einem Sack über dem Kopf als Sklavin sich wiederzufinden. Oder wie war das mit den Leuten, die von jetzt auf gleich von Nord- nach Südamerika ohne jeden Rechtsbeistand "verschifft" wurden (auch wenn das konkret ein Flugzeug war)? Ein Roman, dem es auch gelingt, am Ende Hoffnung zu machen. Das ein "blondes Herz", egal, welche Hautfarbe der konkrete Mensch haben mag, unbeugsame Tiefen bergen kann, die man verliert, an die man kaum mehr Hoffnungen hängt und die doch sich ihren Weg wieder bahnen können werden. Schon lange Jahre war dieser Roman "in Arbeit" und ist doch aktuell, frisch und zeitlos in seinen Motiven der "Spiegelung" eigenen Verhaltens im "zivilisierten Westen", im Blick auf die Geschichte der Gewalt, die diese Lebensform über Jahrhunderte erst ermöglicht haben und zu guter Letzt in seiner Qualität als "Entwicklungsroman" wörtlich und sinnbildlich gefesselter Menschen hin zum Traum der Freiheit.