Blutig, gnadenlos, clever - ein rasanter Noir-Thriller mit Kultpotenzial!
Carl ist kein gewöhnlicher Geschäftsmann. Sein Business? Kriminelle Dienstleistungen - diskret, effizient und mit der richtigen Mischung aus Köpfchen und Skrupellosigkeit. Wer in der Unterwelt Probleme hat, ruft ihn an.
Dieses Mal stehen gleich zwei brisante Aufträge an: Ein sterbenskranker Alt-Mafioso will seine letzten Rechnungen begleichen, und ein amerikanischer Milliardär sucht den Mörder seiner Tochter. Beides klingt nach Routine - doch Routine gibt es in Carls Welt nicht. Als die Missionen aus dem Ruder laufen und tödliche Abgründe sich auftun, muss er sich auf seine besten Leute verlassen: Ridley, ein geniales, aber unberechenbares Mathe-Ass mit einer Vorliebe für Drogen und Exzesse, und Betty, die beste Beschafferin der Branche, die immer einen Ausweg findet - außer aus ihrem eigenen Chaos.
Doch dieses Mal könnte selbst Carl zu tief in die dunkle Seite des Geschäfts geraten.
Hochspannend, voller scharfzüngiger Dialoge und mit einem düsteren Charme, der an die besten Gangsterfilme erinnert - ein Muss für alle Fans harter, intelligenter Krimis!
Besprechung vom 05.05.2025
Platzende Pläne
Krimis in Kürze: Ron Corbett, Caro Carver und Dirk Schmidt
Eine Wasserscheide mag eine schöne Metapher sein. Ihre Nutzer wissen aber oft nicht so recht, was sie mit ihr sagen. Beim Kanadier Ron Corbett ist sie eine Tatsache: Die Northern Divide trennt in Nordamerika zwei benachbarte Flusssysteme: Die Ströme des einen führen in die Kälte, die anderen in wärmere Gewässer. Springfield, den Ort der Handlung knapp oberhalb der Scheide, hat Corbett inmitten der natürlichen Gegebenheiten als eine fiktive Stadt entworfen.
"Mission Road" (Polar, 304 S., br. 17,- Euro) ist der dritte Auftritt von Frank Yakabuski, und der Cop weiß, dass es keine Wasserscheide gibt, die Ordnung und Verbrechen, Gut und Böse trennt. Er muss sich herumquälen mit dem größten aller bekannten Raubüberfälle: Diamanten im Wert von 1,2 Milliarden Dollar sind verschwunden. Es zeigt die erzählerische Klasse des Romans, wie wenig sensationsheischend er damit umgeht. Es gibt viele Interessenten und Verdächtige, im Internet taucht eine Schatzkarte auf, Menschen reisen in die Region in der grundlosen Hoffnung auf Reichtum.
Yakabuski ahnt, wer hinter dem Coup steckt, er kennt die beiden lokalen Clans, die konkurrieren: die irischstämmigen Shiners und die Travellers, Letztere hat Corbett erfunden, Erstere existieren, ihre Geschichte reicht weit zurück in die Zeit, als die Siedler kamen und den Indigenen das Land stahlen. Corbett hat auf sehr überzeugende Weise die Historie mit dem ausgedachten Fall verwoben, er schert sich auch wenig um die gängigen Erzählhierarchien zwischen Haupt- und Nebenfiguren. Daraus entstehen Reichtum und Lebendigkeit seiner Bücher. Kleine Epen vom Rande der großen Wildnis, die im Heute spielen und tiefe Wurzeln im Gestern haben.
"Bad Tourists" (S. Fischer, 448 S., br., 18,- Euro) von Caro Carver ist eines der nicht gerade seltenen Beispiele dafür, wie ein im Prinzip vielversprechender Thriller-Plan daran scheitert, dass er nicht bis ins letzte Detail durchdacht ist. Drei Londonerinnen mittleren Alters fahren auf die Malediven. 50.000 Pfund für ein paar Tage Luxus. Es ist Darcys Scheidungsfeier, sie lädt ein. Die drei verbindet ein Trauma: Sie haben alle bei einem Massaker 22 Jahre zuvor einen geliebten Menschen verloren. Und als im feudalen Resort unter Palmen jemand ums Leben kommt, als eine junge Frau Opfer ihres schlagbereiten Ehemanns wird, kehrt Verdrängtes zurück.
Caro Carver, übrigens ein Pseudonym, hat das Ganze rund 300 Seiten lang gut im Griff. Sie wechselt Erzählperspektiven und Schauplätze, lässt den Frauen ihre kleinen Unaufrichtigkeiten, legt geschickt falsche Spuren, schürt Verdacht, lässt sich dabei nicht in die Karten schauen, schreibt unprätentiös und schnörkellos. Doch dann, weil sie offenbar nicht mehr weiß, wie sie aus diesem selbst erzeugten Labyrinth der falschen Fährten elegant herausfinden soll, greift sie zu ziemlich kruden Mitteln, um sich zu befreien. Die Plausibilität der Plotwendungen nimmt immer weiter ab, die Aktionen der Figuren wirken abrupt und unglaubwürdig. Und wenn sich dann alles irgendwie runden soll, klingt das wie die wässrige Botschaft - auch starke Frauen können böse Dinge tun.
Reden wir zur Abwechslung mal nicht von Wildnis oder Palmen. Reden wir von Herne, kein klassischer Ort für Mord. Dirk Schmidt macht die Stadt im Ruhrgebiet zum Ursprung, aber nicht zum Schauplatz seines Romans "Die Kurve" (Suhrkamp, 275 S., br., 17,- Euro). Die Protagonisten kennen einander aus dem gleichnamigen örtlichen Jugendzentrum. Es hat sie in die große weite Welt verschlagen. Carl, der findige Sozialarbeiter von damals, hat ihre Talente gezielt genutzt für ein Geschäftsmodell, das mit dem Begriff "kriminelle Dienstleistungen" angemessen umschrieben ist.
Sie helfen zum Beispiel einem alternden Mafioso bei seinem letzten Deal, sie haben, dank Carls Anleitung, der sich in Monaco niedergelassen hat, ihre exzentrischen Begabungen in nützliche Werkzeuge verwandelt. Dirk Schmidt hat durchaus einen erkennbaren Stil, er möchte sich nicht mit der handelsüblichen Baukastenprosa begnügen. Doch seine Ausbruchsversuche wirken dann manchmal doch ein wenig zu forciert und selbstverliebt, um einem eher unwahrscheinlichen Mastermind wie diesem Carl die nötige literarische Plausibilität zu verschaffen. PETER KÖRTE
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