Inhalt:Im Auftrag einer geheimnisvollen und von Zeit und Raum unabhängigen Bibliothek, beschafft Irene Winters bedeutsame Bücher und Manuskripte. Hierfür reist sie in verschiedene Parallelwelten und nutzt Tarnidentitäten. Eines Tages beauftragt man sie damit eine seltene Ausgabe der Märchen der Gebrüder Grimm zu finden. Unterstützung erhält sie hierbei von dem neuen Bibliotheksmitarbeiter Kai. Gemeinsam machen sich die beiden daran das Manuskript aufzuspüren, aber das ist schwieriger als zunächst gedacht und Irene und Kai geraten in große Gefahr...Sie würde gleich sterben. Was sie brauchte, was ein Wunder. Was sie bekam, war ein Drache. (S. 391)Meine Meinung:Der Klapptext hört sich richtig interessant an und lässt eine fantasievolle, abenteuerliche und besondere Geschichte erwarten. Der Einstieg in die Geschichte ist spannend und sehr gelungen: Man begleitet die Protagonistin Irene, die sich mit einer gefälschten Identität Zutritt zu einer altehrwürdigen Internatsschule verschafft hat, bei der Beschaffung eines wichtigen Manuskripts. Es wird gefährlich und es gelingt ihr nur mit knapper Not zu entkommen.Die entworfene Welt ist sehr komplex: Es gibt die Bibliothek, die losgelöst von Raum und Zeit existiert. Außerdem gibt es verschiedene Parallelwelten. In den Welten gibt es wiederum Menschen, die über magische Begabungen verfügen und Geister beschwören können. Außerdem gibt es Vampire, Elfen und Drachen mit unterschiedlichen Interessen. Darüber hinaus sind auch noch verschiedene Interessensgemeinschaften wie Länder (u. a. die Großmacht Liechtenstein), Geheimgesellschaften und Bruderschaften am Werk. Verkomplizierend kommt hinzu, dass manche Welten mit dem sogenannten Chaos verseucht sind. Dieser komplexe Weltenentwurf verspricht einerseits eine interessante Geschichte, hat beim Lesen aber auch für einige Verwirrung gesorgt. Meiner Meinung nach wird vieles nicht ausführlich genug erklärt und man erfährt stattdessen noch mehr Neues, das aber ebenfalls nicht näher erklärt wird. Ich hatte beim Lesen vor allem am Anfang viele Fragen, z.B.:Wie ist die Bibliothek entstanden? Welche Ziele verfolgt sie genau und warum sind die Manuskripte so wichtig? Sind die Parallelwelten verschiedene Zeitepochen der realen Welt oder gibt es auch Fantasiewelten? Werden bestimmte Länder von bestimmten Wesen beherrscht oder leben in allen Ländern sowohl Vampire und Elfen als auch Drache? Was genau ist diese sogenannte Chaos-Verseuchung und wie entsteht sie?Diese und viele andere Fragen werden oftmals nur in Teilen bzw. erst recht spät beantwortet und man muss sich viel zusammenreimen.Ich hatte stellenweise das Gefühl, dass die Geschichte zu sehr mit allen möglichen Informationen überfrachtet ist und sich in Details verliert, die mir aber nicht ausführlich genug geschildert werden. Dadurch habe ich beim Lesen manchmal ein wenig den roten Faden verloren und die Geschichte ließ sich nicht mehr so flüssig lesen.Die Geschichte hat einige richtig spannende Geschehnisse zu bieten. Zudem macht die Kombination aus viktorianischem England, Steampunk-Elementen, Magie und magischen Geschöpfen die Geschichte außergewöhnlich und sorgt für eine tolle Atmosphäre. Deshalb habe ich das Buch trotz der bereits erwähnten Schwachstellen gerne zu Ende gelesen. Es gibt tolle Handlungsschauplätze (z.B. Botschaftsball, Museum, Zeppelin...), die Handlung ist abwechslungsreich und es geschieht Unvorhersehbares. Ich wollte wissen, was noch alles passieren wird. Vor allem wollte ich wissen, ob Irene und Kai ihren Auftrag unbeschadet überstehen, denn die beiden sind einem sympathisch und bilden ein tolles Team.Besonders schade finde ich, dass es nicht mehr Gespräche zwischen Kai und Irene gibt in denen sie über Persönliches sprechen. Das ist auch einer meiner größten Kritikpunkte an der Geschichte. Vor allem über Irene erfährt man relativ wenig - v. a., wenn man bedenkt, dass sie die Hauptperson der Geschichte ist. Man erfährt nichts über ihr Erscheinungsbild (Augenfarbe, Haarfarbe etc.) und kaum etwas über ihre Interessen. Eigentlich weiß man bloß, dass sie für die Bibliothek arbeitet und kann durch ihr Verhalten den einen oder anderen Rückschluss auf ihren Charakter ziehen. Auch über Kai - der eine sehr interessante und vielschichtige Person zu sein scheint - erfährt man aus meiner Sicht auch viel zu wenig. Ich hätte gerne mehr über seine Vergangenheit und über seine Herkunft erfahren.Fazit:Es handelt sich um ein spannendes und fantasievolles Abenteuer mit atmosphärischen Handlungsschauplätzen und interessanten Geschehnissen. Leider ist die Geschichte stellenweise zu verworren und überfrachtet mit nicht näher erläuterten Informationen. Einiges hätte wirklich ausführlicher erklärt werden müssen, damit man der Geschichte besser folgen kann und man sich ein klareres Bild von den Geschehnissen machen kann. Vor allem hätte ich gerne viel mehr über den Charakter, die Interessen und die Vergangenheit von Irene und Kai erfahren. Vielleicht bessert sich das aber auch in den Folgebänden.Zum Schluss noch zwei der besten Zitate aus dem Buch:"Ich bin erstaunt. Steckt da vielleicht ein wenig mehr in dir, als man dir ansieht?" "Gilt das nicht für uns alle?", erwiderte Irene. (S. 88)Schach gegen Großmeister zu spielen, die sich sicher sind, dich zu besiegen, war eine Sache: Dabei lernte man einiges über Schach und starb nicht. In einen Kampf mit jemanden zugeraten, der einen - auf unschöne Weise - umbrachte, würde einen nichts Nützliches lehren, es sei denn, es gäbe so etwas wie Reinkarnation wirklich. (S. 359/360)