Ausladend, rhythmisch, deprimierend, faszinierend
Dies ist eine Rezension zum Hörbuch, dazu fand ich aber hier kein Feld. Da der Inhalt des Buches ungekürzt vorgelesen wurde, entspricht die Rezension aber im Großen und Ganzen sicher auch dem Buch.Ich habe von der Autorin schon "Das geträumte Land" gelesen und war sehr gespannt auf dieses Buch. Ich habe etwas länger gebraucht, um mich mit dem Lesestil von Sarah Dorsel anzufreunden. Denn sie klingt für meine Begriffe etwas aufgesetzt und wenig natürlich. Dass sie dazu neigt, Konsonanten zu Vokalen zu verschleifen (z.Bsp. Dorf wie Doaf auszusprechen) ist nicht weiter tragisch. Aber der ohnehin schon sehr gemessene Stil von Imbolo Mbue braucht nicht noch mehr Getragenheit, mehr Pathos. Sonst wird es richtig anstrengend zuzuhören. Vielleicht ist es auch generell schwer, eine solch epische Geschichte vorzutragen, denn sie hat tatsächlich etwas Balladenhaftes. Und sie ist wirklich sehr ausführlich. Mir wurde das Zuhören an einigen Stellen lang. Sodass ich ungewöhnlich lange Pausen beim Hören machen musste. Trotzdem war ich fasziniert vom afrikanischen Dorfuniversum Kosawa, von Bongo und Thula und Yaya. Es ist wahrhaft schrecklich, was den Bewohnern jenes fiktiven Dorfes in einem korrupten, afrikanischen Staat durch die Regierung und durch einen skrupellos ausbeuterischen Ölkonzern widerfährt. Kinder sterben an der vergifteten Umwelt, die Lebenserwartung sinkt, sie werden gedemütigt und belogen. Der Dorfobere macht gemeinsame Sache mit den Übeltätern. Wann immer Hoffnung naht, wird sie sogleich wieder zerstört. Es ist ein ewiges Warten auf Gerechtigkeit. Aber es gibt auch Hilfe aus dem Ausland. Durch einen mutigen Zeitungsartikel wird die amerikanische "Aktion Neuanfang" auf Kosawa aufmerksam, es fließen Gelder, Thula, die hochintelligente Tochter von Malawo und Sahel, kann schließlich sogar in den USA studieren. Sie will ihr Land durch eine sanfte Revolution von Innen wieder aufrichten. Aber ihr Kampf ist ein so zähes Ringen über so viele Jahre, dass es schon an Wunder grenzt, dass sie nicht die Hoffnung aufgibt. Und dann gibt es noch diejenigen, die nicht mehr warten wollen, sondern handeln. Wenn nötig auch mit Gewalt.All das ist sehr eindringlich geschildert. Resignation, Aggression, Demut und purer Hedonismus, alles ist letztlich nur ein Versuch, mit dem Schmerz fertigzuwerden.Wenn das Buch eines schafft, dann ist es, die Komplexität von Ungerechtigkeit, Tradition, Macht und Verstrickung aufzuzeigen. Es gibt keine einfache Lösung. Und die Guten gewinnen nur im Märchen. Dieses Buch ist keines. Auch wenn es sich sich so anhört. Aber was will die Autorin? Sie ist, wie ihre Heldin Thula mit siebzehn Jahren in die USA emigriert und hat dort studiert. Für ihre vielbeachtete Auswanderer-Story "Behold the Dreamers" soll sie laut Wikipedia eine Million Dollar Vorschuss erhalten haben. Und dennoch feiert sie keineswegs den amerikanischen Traum. Obwohl sie ihn eigentlich lebt. Das Hörbuch lässt mich zwiespältig zurück. Ich finde, es ist vielleicht eine Nummer zu groß angelegt, um richtig gut zu sein. Aber das ist nur ein Gefühl, das ich nicht gut begründen könnte.