Ken Folletts "Winter der Welt", der zweite Teil der Jahrhundert-Saga, ist ein gewaltiges Epos - nicht nur wegen seines Umfangs von über 1.000 Seiten, sondern vor allem wegen seiner emotionalen und historischen Wucht. Der Roman erschien 2012 im Bastei Lübbe Verlag und knüpft nahtlos an den Vorgängerband "Sturz der Titanen" an.Follett nimmt uns mit auf eine bewegende, oft erschütternde Reise durch die Jahrzehnte von der Machtübernahme der Nationalsozialisten bis zum Beginn des Kalten Krieges. Die Leserschaft folgt dabei mehreren Familien in verschiedenen Ländern die auf ganz unterschiedliche Weise mit den Schrecken der Zeit und tiefgreifenden politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen konfrontiert werden.Die Geschichte ist in drei große Abschnitte unterteilt: der Aufstieg des Faschismus, der Zweite Weltkrieg und schließlich der geopolitische Umbruch nach 1945. Dabei gelingt es Follett meisterhaft, reale historische Ereignisse mit fiktiven Schicksalen zu verweben. Seine Figuren kämpfen - teils still, teils laut - für Gerechtigkeit, Freiheit und Menschlichkeit in einer Welt, die zunehmend von Hass und Gewalt dominiert wird.Allerdings empfand ich die Vielzahl an elementaren Hauptfiguren stellenweise als etwas überladen. Durch den häufigen Perspektivwechsel wird jedoch eine gewisse Spannung und Dynamik in dem Roman erzeugt.Besonders hervorzuheben ist Folletts Fähigkeit, unparteiisch zu bleiben: Er schildert sowohl die Gräueltaten der Nationalsozialisten als auch die der Alliierten - nüchtern, aber niemals gefühllos.Obwohl ich in der Schule nie einen Draht zur Geschichte gefunden habe, hat mich dieses Buch tief berührt - und mir komplexe historische Zusammenhänge verständlicher gemacht. Natürlich hilft es, ein gewisses Vorwissen über die damalige politische Lage mitzubringen, um alle Feinheiten und Begriffe richtig einordnen zu können. Die Handlung folgt einem klaren roten Faden, auch wenn sie an manchen Stellen etwas langatmig oder ausschweifend geraten kann. Dennoch bleibt die Erzählung insgesamt fesselnd. Es gab Momente, in denen ich das Buch zur Seite legen musste - nicht etwa aus Langeweile, sondern weil mich das Gelesene emotional sehr erschüttert hat. Ich konnte nur noch ungläubig den Kopf schütteln: Wie konnten Menschen zu solch grausamen Taten fähig sein?Gerade angesichts aktueller Entwicklungen - Kriege, politische Spannungen und das Erstarken rechtsgerichteter Parteien - hat "Winter der Welt" für mich eine bedrückende Aktualität. Das Buch ist nicht nur eine Rückschau, sondern auch eine eindringliche Warnung: Geschichte kann sich wiederholen, wenn wir nicht aufmerksam bleiben.Die Seitenzahl mag auf den ersten Blick abschrecken, doch wer sich darauf einlässt, wird mit einer eindrucksvollen und bildgewaltigen Reise durch eine der dramatischsten Epochen der Weltgeschichte belohnt. Für Fans historischer Romane ist dieses Buch fast ein Muss. Auch wurden die geschichtlichen Ereignisse wie gewohnt meisterhaft recherchiert. Mich haben andere Romane von Ken Follett stärker gepackt, dennoch hinterlässt "Winter der Welt" einen bleibenden Eindruck.