Was für ein Buch! Vor ein paar Stunden bin ich mit "Black Rabbit Summer" fertig geworden und bin immer noch ganz schön mitgenommen. Aber irgendwie auch im positiven Sinn. XD Habe schon lange mehr kein 500-Seiten-Buch so verschlungen wie dieses. Und es hätten nochmal 150 mehr sein können, weil es so toll war.Kurz zur Handlung: Drückende Hitze liegt über der Stadt und am liebsten hängt der 16-jährige Pete nur in seinem Zimmer ab und lässt seine Gedanken schweifen. Es ist der Sommer nach dem Schulabschluss und Pete weiß nicht so recht, was er mit sich und seinem Leben anfangen soll. Ein Telefonanruf zerreißt die Stille: Es ist Nicole, seine Fast-Ex ... oder wie immer man das nennen mag, wenn früher mal ein bisschen rumgemacht und sich irgendwie auch gemocht hat, ohne dass was Festes daraus geworden wäre. Nicole jedenfalls lädt ihn ein, mit ein paar alten Freunden auf den Jahrmarkt zu gehen -- Vorglühen inklusive. Peter zögert, sagt aber schließlich zu. Eine schicksalshafte Entscheidung, wie sich später herausstellen wird. Petes bester Freund, Raymond, soll übrigens auch mitkommen. Raymond, der eine Schlüsselrolle in diesem Roman spielt, ist sehr introvertiert und anscheinend neurodivergent, wurde außerdem gemobbt und von seinen Eltern immer schon ein bisschen vernachlässigt. Nur Pete weiß, dass Raymond Stimmen hört - genauer gesagt, dass Raymond sich einbildet, sein schwarzes Kaninchen würde mit ihm sprechen. Pete ist das jedoch egal, die beiden sind einfach Bros.Als sich die ehemalige Clique am Abend trifft, laufen die Dinge schnell aus dem Ruder: Alkohol und Drogen lassen Streitigkeiten eskalieren und Missverständnisse aufkommen, und die Hoffnung auf einen lustigen Abend verflüchtigt sich endgültig, als plötzlich eine ehemalige Mitschülerin auftaucht: Stella ist mittlerweile eine Art C-Promi geworden und für ihre kurzen Röckchen genauso bekannt wie für ihre Skrupellosigkeit. Und ausgerechnet so jemand macht sich jetzt an Raymond ran? Pete ist high, betrunken und versteht die Welt nicht mehr - Filmrisse und Gedächtnislücken lassen ihn keinen klaren Gedanken fassen. Nur eins steht am nächsten Morgen fest: Stella und Raymond sind spurlos verschwunden. Clever wie Pete ist, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er den Fall lösen kann. Aber was, wenn dadurch alles zusammenbricht, woran er früher geglaubt hat? Was mir gefallen hat: Das Buch hat alles, was ich mir bei einem Krimi/Thriller/Mystery erhoffe: Ein spannendes Rätsel, interessante Charaktere und einen berührenden Schreibstil. Mit Pete, aus dessen Perspektive der Roman erzählt wird, habe ich kaum etwas gemeinsam, aber das war gar nicht schlimm. Denn seine Charakterisierung und die Beschreibung der Stadt, in der er lebt, waren einfach so gut; es kam mir vor, als ob ich mit ihm durch die Straßen laufen würde. Der Autor kann mit wenigen Worten eine grandiose Atmosphäre erschaffen: Der heiße Sommer, Petes Verzweiflung, seine Streifzüge durch die Stadt, das verdächtige Verhalten der Leute ... Pete findet sich plötzlich in einer bedrohlichen Welt wieder, die ihm doch immer so vertraut war, und ich habe auf jeder Seite mitgefiebert, manchmal so sehr, dass ich Zeilen übersprungen habe, weil die Situation so intensiv war. Der Schreibstil ist dabei ganz simpel, das Buch liest sich flüssig und ist für jeden ab ca. 14 Jahren geeignet. In jedem Roman kann es leicht passieren, dass Charaktere zu klischeehaft rüberkommen, weil Autoren denken, dass die Leute komplexe Charaktere zu anstrengend finden. Aber das ist quatsch, und Kevin Brooks scheint das auch so zu sehen. Ihr Auftreten, ihre Handlungen und ihre Beziehungen zu anderen machen jede der Figuren zu etwas ganz Besonderem. (Nur bei den weiblichen Figuren gelingt das nicht immer. Ich bin da aber auch sehr kritisch... )Ob Raymond und Stella wieder Auftauchen, und wer genau bei ihrem Verschwinden die Finger im Spiel hatte - und warum - wird hier nicht verraten. Ich fand die Auflösung aber sehr spannend. Man muss nur im Hinterkopf behalten, dass die Hauptcharaktere ca. 16 Jahre alt sind und sich oft impulsiv und irrational verhalten. Wenn man das akzeptiert, hat man seinen Spaß mit dem Buch. Zwei kleine Kritikpunkte:Obwohl ich das Buch grandios fand, vergebe ich nur 4 Sterne. Was mich nämlich sehr nervte, waren Petes apathische Eltern, besonders die Mutter. Sorry, es war zu unglaubwürdig, dass sie Pete noch so viele Freiräume lassen, nachdem 2 Jugendliche verschwinden. Sie sind zwar ehrlich besorgt und verbieten ihm mehrmalig, das Haus zu verlassen, aber kontrollieren tun sie es nicht wirklich. Das passte nicht zusammen! Von der Warte des Autors aus ging es natürlich nicht anders, denn wenn Pete den Fall lösen soll, dann muss er natürlich draußen unterwegs sein, Tatorte untersuchen und Leute befragen. Aber so lasch wären Eltern im realen Leben nicht. Das war ein Detail, das mich wirklich frustrierte. Apropos frustrierend: Es bleiben am Ende offene Fragen. Ich konnte es irgendwie akzeptieren, weil das Ende für mich auf poetische Weise doch Sinn ergeben hat. Aber trotzdem, über eine "Sache" werde ich noch eine sehr lange Zeit nachdenken. Fazit: Ein spannender und außergewöhnlich gut geschriebener Krimi, nicht nur für Young Adult-Fans. Absolut empfehlenswert.