Gleich zu Beginn erleben wir, wie Elsie im St. Joseph?s Hospital, der damaligen Irrenanstalt, von einem neuen Arzt besucht wird, der versuchen möchte, ihr zu helfen. Dr. Shepherd, ein junger, hoffnungsvoller Therapeut, der auf andere Möglichkeiten schwört als Elektroschocks und kaltes Wasser. Für die damalige Zeit sicher eine sehr ungewohnte und bezweifelte Einstellung, die sich aber zum Glück allmählich durchgesetzt hat.Auch Elise weiß nicht, was sie von ihm halten soll. Denn sie ist sich sicher, dass er ihre Geschichte nicht glauben wird. Niemand, weil sie gar zu unmöglich ist.Als Mörderin vorverurteilt bleibt ihr nur der Galgen, denn an einen Freispruch wagt sie nicht zu hoffen ... aber will sie wirklich frei sein? In dieser kalten Welt voller Erinnerungen, die ihr den Verstand rauben? Aber ihr wird klar, dass nur die Wahrheit helfen kann, um sie von ihren inneren Dämonen zu befreien.Sehr eindringlich beginnt diese Geschichte und mich hat es sofort neugierig gemacht, was dieser Frau passiert ist, die sich hinter diesen tristen Mauern und im Drogennebel der Medikamente verschanzt, um die Vergangenheit weit von sich zu schieben.Im Jahr 1865 tauchen wir schließlich in ihre Erinnerungen ein. Elsie ist als Witwe unterwegs zu einem vergessenen Landsitz ihres verstorbenen Gatten und erlebt eine herbe Enttäuschung nach der anderen. Das erhoffte herrschaftliche Anwesen entpuppt sich als alter, eingestaubter Bau mit einem Dorf voller argwöhnischer, misstrauischer Pächter, die durch Hunger und Armut ein Bild des Leidens widerspiegeln.Die Stimmung des alten Gemäuers, die langjährige Abwesenheit der Erben der Familie Bainbridge und unheimliche Gerüchte um das Grundstück rufen gleich zu Beginn eine ungemütliche Atmosphäre hervor und die leise Hoffnung von Elsie, hier ein Zuhause für sich zu schaffen, wird sehr schnell ausgelöscht.Vor allem auch durch ihren Bruder Jolyon, der sie hier in diese Einsamkeit auf dem Lande drängt, in das kalte, ungemütliche Haus, um einen Skandal in London zu vermeiden.Laura Purcell schafft es mit ihren Worten immer sehr gut, etwas verhängnisvolles in der Luft schweben zu lassen, von dem man nicht weiß, was einen erwartet. Der Einstieg erschafft eine unterschwellige, bedrohliche Atmosphäre, die man noch gar nicht zu greifen weiß.Dazu kommen Rückblicke auf die Bewohner in der Vergangenheit des Hauses, von Aberglauben geprägt und mit einigen Verbindungen zu den aktuellen Vorkommnissen beginnt man Zusammenhänge zu entdecken, ohne genau zu wissen, wie es tatsächlich zusammenpasst. Das ist sehr geschickt gemacht und vor allem spürt man die Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind. Ob gewollt, bewusst oder aus unsinnigem Streben heraus - gerade das macht das ganze dann auch so erschütternd.Jedenfalls lässt die Autorin und immer wieder Zweifeln aufkommen, ob Elsie tatsächlich die Wahrheit sagt oder nur glaubt, dass ihre Wahrnehmungen tatsächlich real sind. In Verbindung mit den Informationen aus den Tagebüchern der früheren Bewohner kam für mich allerdings nur eine Antwort in Frage - die euch aber hier vorenthalten werde um nicht zu spoilern :)Die Titel gebenden "Gefährten" selbst hatten für mich jedenfalls schon einen ganz schön gruseligen Unterton und die Beschreibungen, wie sie hier Angst und Schrecken verbreiten, auf eine ganz unscheinbare Art, hatte einen besonderen Gruselfaktor. Man merkt genau wie die Autorin mit Worten spielt und jeder Situation dadurch eine schaurige, spukhafte oder seltsame Note verpasst.Elsies Versuch, ihre Stellung als Hausdame zu festigen und sich als Frau zu behaupten scheitern immer mehr und sie erlebt so viele Schrecken, dass sie ihren eigenen Augen nicht mehr trauen kann - dabei trägt sie aus ihrer Vergangenheit genug seelische Last mit sich herum, dass es ihr zunehmend schwerer fällt, ihrer Verzweiflung Herr zu werden.Interessant auch immer wieder, wie oft in dieser Zeit Drogen als Medikamente verabreicht wurden. Laudanum (Opium) gehörte gefühlt ja schon in die Hausapotheke und auch Morphium oder ähnliches wurde gerne gegeben, sollte sich eine Dame mal "hysterisch" zeigen.Die Atmosphäre lässt einige unheimliche Momente zu und die Spannung steigt gegen Ende immer mehr. Während Elsie verzweifelt versucht, für sich selbst die Wahrheit herauszufinden, werden grausame Details aufgedeckt und die Geister der Vergangenheit holen sie ein.Für mich war das Ende dieser Art von Horror- bzw. Geistergeschichte perfekt getroffen - ein bisschen überraschend, aber auch wieder nicht. Im Prinzip hab ich es nicht anders erwartet, weil ich bei solchen Geschichten immer einen fiesen Kniff erhoffe.Das Buch hab ich mit anderen zusammen in einer Leserunde gelesen und es war überraschend, wie unterschiedlich wir das Ende gesehen haben und das hier doch jeder ein bisschen etwas anderes hinein interpretieren kann. Für mich war alles schlüssig und keine großen Fragen offengeblieben.