In den 60er-/70er-Jahre war es üblich Kinder "in Kur" zu schicken, so genannte Kinderverschickungen. Erst in den letzten Jahren wurden auch öffentlich die traumatischen Erfahrungen dieser Aufenthalte aufgearbeitet. Insofern ist das Buch von Sabine Ludwig aus dem Jahr 2014, die diese Erfahrungen in Form eines Kinderbuches verarbeitet, sehr früh erschienen. Mittlerweile gibt es auch einige Bücher für Erwachsene zu diesem Thema. Die Frage ist aber, inwieweit dieses Thema als Kinderbuch geeignet ist. Der Verlag gibt eine Altersspanne von 10 bis 12 Jahren an. Zum Inhalt:Uli, Freya, Anneliese und Fritze werden mit vielen anderen Kindern auf eine Nordseeinsel verschickt und teilen sich gemeinsam ein Zimmer. So werden sie eine "Schicksalsgemeinschaft" die zusammenhält in einer fürchterlichen Atmosphäre. Es gibt gefühlskalte Pflegerinnen - Tanten genannt -, fürchterliches ungenießbares Essen, eine strikte Tagesstruktur und an Misshandlung grenzende Sanktionen bei "Fehlverhalten". Die Kinder, die alle ihre eigenen Themen von zuhause mitbringen, können sich überhaupt nicht erholen in diesem Klima, zum Teil hat man das Gefühl, dass es schlicht ums Überleben geht. Die Eltern erfahren nichts von diesen Rahmenbedingungen, denn die Briefe, die die Kinder wöchentlich schreiben müssen, werden kontrolliert und bei negativen Informationen entweder korrigiert oder überhaupt nicht verschickt. Die etwas freche Fritze wurde schon mehrfach verschickt und hat mit ihrem Vater vereinbart, dass sie, wenn es ihr gut geht bunte Häuser malen wird, wenn es ihr aber schlecht geht werden die Häuser schwarz sein. So entstand wohl der Titel.Mein Fazit:Einen kritischen Blick auf das Thema der Kinderverschickungen zu werfen ist ausgesprochen wichtig. Dennoch finde ich das Setting für ein Kinderbuch schwierig. Heutige 10 - 12 jährige leben in einer völlig anderen Welt und ich habe Sorge, dass dieses Buch, wenn es ohne begleitende Erklärungen alleine von den Kindern gelesen wird, eher verstörend wirkt. Sie haben mit diesem Trauma schlicht nichts zu tun, das betrifft die heutige Eltern-/Großeltern-Generation. Möglicherweise kann es Ängste auslösen auch selbst einmal "verschickt" zu werden.Die Dialoge, die Streiche und die Abenteuergschichten sind altersgemäß, auch die Illustrationen von Emma Ludwig sind sehr schön gemacht und erklären alte Begrifflichkeiten. Es ist ein Kinderbauch mit historischer Aufarbeitung, das sehr authentisch beschrieben wird. Sabine Ludwig erklärt bereits im Vorwort, dass sie selbst ein Verschickungskind war und das Buch auch autobiographische Züge hat.