"Der Grund, warum manche Menschen besonders schlimme Dinge nicht erinnern, ist der, dass sie häufig im Verschwiegenen stattfinden, niemand eine Sprache für sie entwickelt, keiner von ihnen erzählt."Als sich Laura in den 1990ern in der Lübecker Jannsen-Klinik als Patientin befindet, lernt sie auch Rehfeld und Noll kennen, die zusammen lesen, schreiben und einander Trost schenken. Viele Jahre gehen die beiden Laura nicht aus dem Kopf, und als Noll und Rehfeld sterben, beginnt sie, anhand der Texte, die Rehfeld hinterlassen hat und eigener Recherchen, Rehfelds Leidensweg in der Psychiatrie nachzuzeichnen. Sie führt viele Interviews und blickt in den Klinikalltag bis in die 1920er Jahre zurück - bis sie selbst eine Gewalterfahrung macht und erneut als Patientin in die Jannsen-Klinik kommt.Svealena Kutschke erzählt in ihrem Roman "Gespensterfische" von der deutschen Psychiatrie von den 1920er Jahren bis heute und nutzt dabei viele verschiedene Protagonist*innen: Patient*innen, Pfleger*innen und Ärzt*innen kommen zu Wort, alle Figuren bringen ihre eigenen Geschichten und Ansichten mit. So war es zwar für mich einerseits manchmal schwer, die Geschichte nachzuvollziehen, andererseits beleuchtet die Autorin so sehr viele Facetten und gibt auch dem Thema psychiatrischer Einrichtungen während der NS- und Nachkriegszeit, der Gewalt und dem Schrecken Raum. Obwohl die verschiedenen Erzählstränge durchzogen von individuellem Leid sind, schimmert auch immer die Menschlichkeit und Hoffnung durch - und auch immer die Frage, was psychische Gesundheit bedeutet, wie Diagnosen von der Gesellschaft abhängen, in der sie gestellt werden. Ich habe "Gespensterfische" gerne gelesen und fand es sehr spannend, in die Thematik der Psychiatrie und psychischer Erkrankungen einzutauchen.