Gesellschaftskritischer Roman über Herkunft und familiäre Erwartungen
Keru und Nate lernten sich an der Universität kennen. Gerade ihre kulturellen Unterschiede fanden sie spannend. Keru war mit ihren Eltern mit sechs Jahren aus China in die USA eingewandert; sie arbeitet als Unternehmensberaterin. Nate bezeichnet sich selbst als "white trash"; er ist der erste seiner Familie, der eine Universität von innen sieht. Er forscht als Biologe; seine Eltern hätten es lieber gesehen, wenn er Jura studiert hätte. Als Keru und Nate heiraten, sind beide Elternpaare nicht wirklich begeistert: "Kerus Mutter sprach das Wort Hochzeit wie Huchzeit aus, unbeabsichtigt, sie konnte den Unterschied nicht hören. Aber vielleicht gab es auch keinen. Was genau löste dieses Huch aus? Dass Keru ihrer Familie entrissen und nun in eine andere Familie verpflanzt wurde? Nun wuchs da plötzlich eine verdächtige, ausländische Pflanze auf einem ansonsten makellos gepflegten Rasen. " Einzig in einer Frage sind sich die Eltern der beiden dann doch einig: Es ist an der Zeit, dass Keru und Nate ihnen Enkelkinder liefern. Doch das Paar hat sich gegen Kinder entschieden.Widerwillig organisieren Nate und Keru zwei gemeinsame Sommerurlaube, um den Familienfrieden wieder herzustellen. Sie laden ihre Eltern in ein Ferienhaus ein, erst die Eltern von Keru, danach die von Nate. Doch was als Wiederannäherung gedacht war, endet im Aufbrechen von alten Wunden, Frustration und lange aufgestauter Wut. "Wie sinnlos Urlaubmachen war. An einem neuen Ort zu sein mit neuen Straßen, Häusern und Menschen. Sich vorübergehend neue Angewohnheiten zuzulegen, angefangen davon, sich Wildfremden vorzustellen, bis zum Zwang, ein gutes Restaurant zu finden. Ohne die übliche Routine war sogar das Streiten um Kleinigkeiten anders. Was bei Keru die Frage aufwarf, warum sie in den Urlaub fuhr, obwohl sie keine Freude daran hatte." "Die Ferien" von Weike Wang ist keine leichte Urlaubslektüre, sondern eher ein tiefgründiger, gesellschaftskritischer Roman. Der Schreibstil ist ruhig und nüchtern, die Geschichte eher handlungsarm. Zwischenzeitlich fand ich das Buch etwas zäh, doch insgesamt ist es ein kluges Buch über soziale und kulturelle Herkunft, Alltagsrassismus, famililäre Erwartungen, die Entscheidung für oder gegen Kinder und die allgemeine Frage, wie man "das richtige Leben" führt. "Obwohl Keru sich gegen Kinder entschieden hatte, durchlief sie nach diesen Unterhaltungen immer wieder ein Wechselbad der Gefühle. Wenn Sie die Familie nicht weiterführt, wer sonst?Aber hatte sie es sich ausgesucht, das einzige Kind ihrer Eltern zu sein?" Ein nicht leicht zu lesendes Buch, das aber viele interessante Themen mit Tiefgang behandelt.