"Rechtem Denken" ist es gelungen, in fast alle staatlichen Institutionen vorzudringen. Bedeutung, Rolle und Verbreitungsmöglichkeiten des Rechtsextremismus hängen nicht zuletzt davon ab, ob und wie Institutionen auf rechte und rechtsextreme Organisationen, Ideologien und Gewalttaten reagieren. Je weniger rechtes Denken und Handeln
demaskiert und diesem in Institutionen entgegengetreten wird, desto umfassender dessen Legitimierung, desto schwieriger dessen (verwaltungs)praktische und juristische Ahndung. Hat Ignoranz gegenüber bekannten rechten Strukturen und rechten Diskursverschiebungen in der Gesellschaft auch diejenigen Institutionen erfasst, die dem Staat und damit dem Wohl aller dienen sollen - ohne Ansehen der Person? Institutionelles Agieren mit Blick auf die Mordserie des NSU, nach den Morden in Hanau oder dem an Oury Jalloh sind nur wenige Beispiele, die Zweifel an diesem Grundsatz säen. Dies ist kein Thema wie jedes andere. Denn es geht um die Institutionen und ihre Funktionsträger*innen, deren zentrale Aufgabe darin besteht, den demokratischen Rechtsstaat und die Menschen zu schützen, die hier leben. Die Grundlage dieses Heftes bildet ein Beitrag, der im Bezug auf den Begriff Rechtsextremismus terminologische Aufräumarbeit leistet. Welchen Einfluss hat der Einzug der
AfD in alle Landesparlamente und den Bundestag sowie ihre stetige Radikalisierung? Wie steht es um die demokratische Verfasstheit von Polizei, Justiz, Bundeswehr und Verfassungsschutz? Diese Fragen will das vorliegende Heft beantworten. Darüber hinaus beschäftigt es sich mit Rechtsextremismus in Gewerkschaften sowie rechtem Denken
in Universitäten und Hochschulen, aber auch mit Angriffen von rechts auf (politische) Bildung und Schule - Stichwort Desiderius-Erasmus-Stiftung und Institut für Staatspolitik. Welche Mechanismen lassen sich bestimmen, wenn Institutionen von Rechtsaußen unterwandert werden? Die jeweiligen Beiträge gehen über bloße Diagnosen hinaus. Sie versuchen die Ursachen zu analysieren, weisen darauf hin, dass das Ausmaß des Problems noch nicht ausreichend vermessen ist, schätzen die tatsächlichen Gefahren ein und zeigen Strategien auf, wie es den Institutionen gelingen kann, sich gegen diese Entwicklungen zur Wehr zu setzen und dabei die Demokratie zu schützen.
Inhaltsverzeichnis
Rechtsextremismus in Institutionen
Alexander Häusler:
Was ist rechts und was extrem? Begriffsklärung
Wolfgang Schroeder und Bernhard Weßels:
Die AfD auf dem Weg der Radikalisierung. Rechtsextremismus in deutschen Parlamenten
Florian Hartleb:
Auf dem rechten Auge blind? Rechtsextremismus und der Verfassungsschutz
Klaus Naumann:
Brandmauern und Brückendiskurse. Rechtsextremismus in der Bundeswehr
Interview mit Gideon Botsch
Man muss noch keinen tiefen Staat befürchten aber höchste Wachsamkeit ist geboten
Christoph Kopke:
Vorkommnisse, Vorfälle, Einzelfälle? Rechtsextremismus in der Polizei
Maximilian Pichl:
Das Rechte im Recht. Rechtsextremismus in der Justiz
Doris Liebscher:
Mehr Rassismus(selbst)kritik in der juristischen Ausbildung. Ein Plädoyer
Klaus Dörre und Jakob Köster:
Von klarer Kante und geduldigem Überzeugen. Gewerkschaften und die radikale Rechte
Christiane Leidinger und Heike Radvan:
Extrem rechte Studierende. Eine Herausforderung für Hochschulen am Beispiel Sozialer Arbeit
Forum
Thomas Gill:
Politische Bildung von rechts: Das Institut für Staatspolitik
Mobile Beratung Rechtsextremismus Berlin:
Bildungspolitik von Rechtsaußen. Das Berliner Beispiel
Rezensionen