Eine lebenslange Liebe - schönes Thema, aber recht fad erzählt. Ohne Höhen und Tiefen.
Mein Hör-Eindruck:Dirk Gieselmann - in guter Erinnerung von seinem ersten Roman her - erzählt von einer lebenslangen Liebe. Ein schönes Thema! Die Liebe beginnt im Frühjahr 1983 im Regen. Fräulein Frieda Brunner, Lehrerin, steht im strömenden Regen an der Straßenbahnhaltestelle, ohne Schirm. Doch da naht Hilfe: Georg Neumann, Vertreter, leider verheiratet, muss wegen einer Autopanne zu Fuß gehen und nimmt Fräulein Frieda Brunner unter seinen schützenden Schirm. Zwei Durchschnittsmenschen, eine alltägliche Situation. Und der Blitz schlägt bei beiden ein, der Coup de foudre. "Er wusste es mit einem Mal, so wie alles Wissen plötzlich da ist: Etwas begann hier, und etwas anderes hörte auf.¿ Eine große Liebe beginnt.So wie die Anrede "Fräulein Brunner" aus der Zeit gefallen ist, so auch der Roman. Das Paar beschließt, seine Liebe dem Alltag zu entziehen, um sie dadurch der Zeit und der damit verbundenen Abnutzung und Trivialisierung zu entziehen. Ihre Liebe soll so "rein und schön", s. Klappentext, wie am Tag des Kennenlernens bleiben. Als Leser fragt man sich natürlich, wie eine "reine und schöne" Liebe aussieht und verfolgt die Aktivitäten des Paares. Sie treffen sich 4 x pro Jahr für 4 Tage, sie unternehmen Ausflüge, sie gehen sehr viel spazieren und beobachten Rehe, und einmal gehen sie sogar tanzen. Und auf einen Rummelplatz mit Lebkuchenherz gehen sie auch einmal.Bei so viel reiner und schöner Liebe bleiben die Allgemeinplätze und Klischees nicht aus. So erfahren wir, dass es für Georgs Ehe "eine Zeit des Glücks" gegeben hatte, die aber versunken ist in "langes, dunkles Schweigen". Oder die Rehe, die das Paar beobachtet: diese Rehe "ahnen alles und wussten nichts". Detailverliebt werden Alltäglichkeiten beschrieben, sei es das Bauen eines Legoturms mit dem kleinen Sohn oder später dem Enkel, sei es die tägliche Routine der abendlichen Telefonanrufe bei seiner Frau mit dem ständigen "ich liebe dich". Und der sprechende Dackel Bruno macht den Roman auch nicht tiefsinniger, und auch nicht das all-montägliche Vergnügen der Ehefrau mit dem Tiefkühl-Mann. Das Problem ist leider, dass diese Beschreibungen des Alltags auch alltäglich bleiben. Es öffnet sich hinter ihnen keine innere Wirklichkeit, und so schaut man als Leser nicht tiefer in das Innere der Figuren. Und das hätte ich gerne getan, um das Besondere dieser lebenslangen Liebe nachempfinden zu können. So bleibt die außereheliche Liebe mindestens so fad wie die eheliche. Ohne Höhen, ohne Tiefen, ohne Krisen, ohne Pep.Der Sprecher macht seine Sache gut; eine angenehme professionelle Stimme, der ich gerne zugehört habe.