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Produktbild: Intimitäten | Katie Kitamura
Produktbild: Intimitäten | Katie Kitamura

Intimitäten

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Die heimatlose Erzählerin verlässt New York, um am Internationalen Gerichtshof als Dolmetscherin zu arbeiten. Als sie Adriaan kennenlernt, scheint Den Haag zur Antwort ihrer Sehnsüchte zu werden. Doch dann verschwindet er zu seiner Noch-Ehefrau und hinterlässt nichts als Fragen. Fragen, die sich zu einem existenziellen Abgrund auftun, als sie für einen angeklagten westafrikanischen Kriegsverbrecher dolmetschen muss und zweifelt: Was ist kalkulierte Lüge, was Wahrheit? Glauben nur noch die Naiven an Gerechtigkeit? Wer kann über wen richten? Wer legt unsere Weltordnung fest? Kitamuras kraftvoller Roman ist ein anregendes intellektuelles Vergnügen mit hypnotischer Sogwirkung.

Intimitäten wird fesselnd von Katja Danowski gesprochen.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
17. August 2022
Sprache
deutsch
Ausgabe
Gekürzt
Dateigröße
315,75 MB
Laufzeit
353 Minuten
Autor/Autorin
Katie Kitamura
Sprecher/Sprecherin
Katja Danowski
Verlag/Hersteller
Produktart
MP3 format
Dateiformat
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
GTIN
4066338990051

Pressestimmen

Glaubwürdig und spannend erzählt. Die Autorin ist eine Entdeckung für den deutschen Buchmarkt. Für eine politisch und psychologisch interessierte Leserschaft.

Besprechung vom 27.07.2025

Thriller der Beziehungen

In "Die Probe" fragt die amerikanische Autorin Katie Kitamura, ob wir andere Menschen je wirklich kennen können. Oder uns selbst.

Von Frauke Fentloh

Die amerikanische Autorin Katie Kitamura bringt ihre Figuren gern in Situationen, in denen etwas aus den Fugen gerät. Da ist die Erzählerin des Romans "Trennung", die nach Griechenland reist, um dort ihren Mann zu suchen, von dem sie heimlich getrennt lebt. Als er tot aufgefunden wird, spielt sie die trauernde Witwe. In "Intimitäten" übersetzt eine Frau am Den Haager Strafgerichtshof die Aussagen von Kriegsverbrechern. Ein Angeklagter findet Gefallen an ihr, betrachtet die Dolmetscherin, die vor Gericht seine Worte spricht, als Verbündete. Sie selbst spürt eine beunruhigende Verbindung, "als wäre ich in einen Körper verpflanzt worden, in dem ich nicht sein wollte".

In ihrem neuen Roman "Die Probe" dreht Kitamura diese Idee der ausfransenden Enden weiter. Erneut geht es um die Risse, die sich durch solide Leben und Beziehungen ziehen. Um die Machtkämpfe, die darin ausgefochten werden, und die Rollen, die wir spielen - je nachdem, mit wem wir es gerade zu tun haben. Es ist aber auch ein Roman, der das Prinzip von Stabilität an sich abschaffen will. Wirklichkeit ist darin Ansichtssache, eine Frage der Interpretation. In diesem Sinne kann alles so sein, wie man denkt. Oder genau andersherum.

Im Mittelpunkt steht eine New Yorker Theaterschauspielerin: erfolgreich, etabliert. In einem teuren, aber gesichtslosen Restaurant in Manhattan trifft sie einen viel jüngeren Mann. Gedanklich geht sie durch, welchen Eindruck das Rendezvous auf die anderen Gäste macht. Sehen die zwei aus wie Mutter und Sohn? Oder hält man ihn für ihren Geliebten, gar für eine bezahlte Begleitung? Diese Art von Spekulation ist typisch für Kitamura, deren kühle Protagonistinnen im Kopf oft ausgefeilte Szenarien entwerfen.

Doch die Begegnung verläuft anders als erwartet. Der junge Mann, Xavier, hat eine überraschende Theorie: Er hält die Schauspielerin für seine Mutter. Tatsächlich gibt es zwischen ihnen eine gewisse Ähnlichkeit. Und hat sie nicht in einem Interview, sogar mit Bedauern, davon gesprochen, ein Baby weggegeben zu haben? Aber die Schauspielerin hat nie ein Kind geboren. Langsam schwant ihr, dass hinter der Unbedarftheit, mit der Xavier ein Kinderessen aus Hamburger und Pommes bestellt, hinter seinem Charme noch etwas anderes stecken könnte. Bevor sich das lösen lässt, taucht plötzlich ihr Mann im Restaurant auf.

Für eine Weile sieht es dann so aus, als habe man es mit der Geschichte einer gut situierten und etwas eingefahrenen Ehe zu tun. Die Schauspielerin und ihr Mann Tomas leben in einem schönen Apartment auf der Upper West Side. Sie befolgen allerlei Alltagsrituale. Doch die seltsame Begegnung mit Xavier hat etwas verschoben. "Du betrügst mich doch nicht wieder, oder?", fragt er aus heiterem Himmel. Es ist eine von vielen Kehrtwenden des Romans, die abrupt die Perspektive verschieben.

Einiges ist über die Distanz geschrieben worden, die in Kitamuras Büchern zwischen den Figuren herrscht. Weil ihr Stil präzise und reduziert ist und ihre Protagonistinnen cool und namenlos, hat man die Autorin mit Rachel Cusk verglichen. Man könnte auch sagen, dass Kitamura, 1979 als Tochter japanischer Einwanderer in Kalifornien geboren, Thriller des Zwischenmenschlichen schreibt.

Ihr Interesse gilt den Tumulten, die sich unter der Oberfläche abspielen. Den Missverständnissen und Fehleinschätzungen. Menschliche Begegnungen sind bei ihr ein Powerplay: Es gibt einen Gewinner und einen Verlierer. Jemanden, der die Oberhand behält, und jemanden, der geschlagen vom Platz zieht. Nervenzerrend und amüsant zugleich ist etwa eine Szene in "Trennung", in der die Erzählerin eine junge Hotelangestellte, mit der ihr Mann vielleicht eine Affäre hatte, zum Abendessen einlädt. Wie mit dem Skalpell nimmt Kitamura das Kräftemessen bei buttrigem Hummer auseinander.

Auch "Die Probe" fragt, ob wir die Menschen, die uns nahestehen, je wirklich kennen können, ob unser Verhalten gegenüber anderen bloße Performance ist. Wie passend, dass die Erzählerin ihr Geld mit Schauspiel verdient. Das ist eine weitere Parallele zu Cusk: Natürlich geht es im Buch auch darum, was es braucht, um als Frau Kunst zu machen.

Vieles spielt sich deshalb auf der Theaterbühne ab. Die Schauspielerin hadert mit einer komplizierten Rolle. Die Proben für das Stück einer angesagten jungen Autorin sind fast beendet, doch sie bekommt die entscheidende Szene nicht hin. Das Chaos ist komplett, als Xavier wieder auftaucht: Er ist der neue Regieassistent. Ihr früheres Treffen scheint allein die Schauspielerin zu befremden. "Ich fragte mich unwillkürlich, ob ich sein bizarres Anliegen missverstanden, falsch aufgefasst oder sogar verkehrt in Erinnerung hatte."

Auf die Idee für das Buch habe sie eine Boulevardüberschrift gebracht, hat Katie Kitamura gesagt: "Ein Fremder sagte, er sei mein Sohn". Den Artikel habe sie dann gar nicht mehr lesen müssen. "Mich hat die Vorstellung gefesselt, dass in einem einzigen Moment, alles, was man über sich selbst und seinen Platz in der Welt weiß, auf den Kopf gestellt werden kann." Passend dazu folgt, gerade als man auf die Auflösung der seltsamen Begebenheit hofft, ein harter Schnitt. Es beginnt der zweite Teil des Buchs, der sich am ehesten als eine Art verrutschte Realität beschreiben lässt. Noch immer befindet man sich im Kosmos der Schauspielerin: die schicke Wohnung, Tomas, das Frühstück und das Theaterstück, mittlerweile ein rauschender Erfolg. Auch Xavier ist da - bloß ist er nun tatsächlich der Sohn der Schauspielerin. Bei einem erneuten Restaurantessen wird beschlossen, dass er wieder zu Hause einziehen kann, solange er seine Regieassistenz macht. "In diesem Moment fiel mir ein, wie es gewesen war, ihn als Kind zu umarmen, sein nach Tier riechender Nacken, ein überwältigendes Gefühl."

Und von hier an legt Kitamura falsche Fährten. Zur Vorbereitung auf den Roman hat die Autorin Horrorfilme geschaut, David Lynch, "Rosemary's Baby" von Roman Polanski. Auch wenn "Die Probe" mit den Genre wenig gemein hat: Entscheidend war das Gefühl der Entfremdung. Eine Ahnung von Unwirklichkeit zieht sich durch, wenn die Schauspielerin in ihrer Wohnung den Eindruck hat, "Räume zu betreten, die lange Zeit unbewohnt gewesen waren und doch in allen Details meinem Zuhause glichen, bis hin zur Vase auf dem Tisch im Flur und den Mänteln an der Garderobe, nur dass es eben nicht mein Zuhause war."

Immer mehr kippt die Handlung ins Surreale. Das eröffnet interessante Perspektiven zum Thema Subjektivität. Was, wenn wir unserer Wahrnehmung nicht trauen können? Wenn wir uns ständig selbst etwas vormachen? Man merkt, dass man die ganze Zeit ein völlig anderes Buch gelesen hat, als man dachte. Das Ende fällt etwas überdreht aus. Das kann einen erst einmal ratlos stimmen. Man kann es aber auch als Einladung verstehen: die Geschichte gleich noch einmal von vorne zu lesen.

Katie Kitamura, "Die Probe". Aus dem Englischen von Henning Ahrens. Hanser, 176 Seiten

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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Von Christiane Fi am 05.09.2022
Intimitäten Katie Kitamura, gelesen von Katja Danowski Unsere namenlose Ich-Erzählerin zieht von New York nach Den Haag, um eine Stelle am Internationalen Gerichtshof anzutreten. Es soll ein Neuanfang werden. Dieser gestaltet sich aber für die eher introvertierte Dolmetscherin nicht einfach. Immer wieder hadert sie damit, dass sie zu wenig Abstand zu den Angeklagten hat. Männer, die unter anderem des Massenmordes an Kindern und Frauen angeklagt sind. Es ist diese Intimität, diese Nähe, die entsteht, wenn man ihnen die Übersetzung in Abstand von 5 cm ins Ohr flüstert. Und auch sonst läuft es nicht gut: In unmittelbarer Nähe wird ein Mann überfallen und schlimm zugerichtet. Sie hätte auch das Opfer sein können. Auf einer Party lernt sie Adriaan kennen und verliebt sich in ihn. Dieser ist noch verheiratet, wenn auch bereits getrennt lebend. Adriaan macht sich nach Portugal auf, um die Trennung mit seiner Frau zu besprechen. Doch aus ein paar Tagen werden Wochen und dann bricht der Kontakt zu ihm ganz ab. Unsere Protagonistin befürchtet schlimmstes. Wer jetzt einen Thriller erwartet, liegt hier falsch, dennoch spürt man fortlaufend eine Bedrohung. Das Buch lebt davon, dass die Protagonistin so eindringlich und facettenreich erzählt, dass man förmlich das Gefühl hat dabei zu sein. Die Sprecherin des Hörbuches hat eher eine empathiearme Stimme, aber genau diese brauchte das Buch! Ausserdem gefiel mir der Einblick am Internationalen Gerichtshof aus der Perspektive einer Dolmetscherin. 4/ 5 und eine Leseempfehlung.
Von begine am 22.08.2022

Dolmetscherin in Den Haag

Die Schriftstellerin Katie Kitamura ein einfühlsames Bild. Sie webt in ihrem Roman "Intimitäten" die Gefühlswelt einer Dolmetscherin am Den Haager Gerichtshof. Die Dolmetscherin vertritt eine Kollegin, die in Mutterschaft geht. Die Protagonistin wird namenlos und alterslos dargestellt. Auch ihren Geliebten gibt es, ist aber nicht präsent. In ihrem Privatleben kommt sie mir ziemlich unsicher vor. Der einzige der hervorsticht ist der angeklagte Politiker, für den die Dolmetscherin übersetzen muss. Die Dolmetscherin muss alles ohne Gefühlsregung übersetzen. Egal was sie davon hält. Die Autorin hat die Situation besonders gelungen dargestellt. Sie hat diese Geschichte-perfekt recherchiert. Ich habe das Hörbuch gehört. Die Sprecherin Katja Danowski bringt die Stimmung sehr gut zur Geltung. Der Roman ist mit seinen 224 Seiten nicht so dick, es steckt allerdings mehr darin. Er hat ein interessantes Thema, das mein Interesse weckte. Es ist ein empfehlenswertes Werk.
Katie Kitamura: Intimitäten bei hugendubel.de