Scheinwelt inmitten des aufgehenden Nazi-Terrors
Berlin im August 1936: Die Stadt, schon längst in der Hand der Nazionalsozialisten, hat sich für die Olympiade herausgeputzt und empfängt Besucher aus aller Welt. Die Figuren, um die sich "Drei Tage im August" dreht, haben aber nur am Rande damit zu tun. Anne Stern schildert tatsächlich drei Tage am Rand der Feierlichkeiten auf der Allee "Unter den Linden", die wie alles im Dritten Reich gestutzt und umgestaltet wurde, wo der Glanz der alten Stadt nur noch am seidenen Faden hängt, sei es die Schokoladen-Manufaktur Sawade, in der die sozial unsichere Elfie Wagner arbeitet und die Kreationen eines heimlich schwulen Chocolatiers verkauft, die 90-jährige Madame Comte, die im Sterben liegend Elfie das Geheimnis ihres Lebens erzählt, der jüdische Buchhändler Franz Markus, der mit dem Gedanken spielen muss, den Büchern und der Kunst den Rücken zu kehren, um den zunehmenden schwierigen Lebensumständen für Juden zu entkommen usw. Die Autorin behandelt anhand ihrer Figuren noch weitere Aspekte des "schönen Lebens" wie das vornehme Hotel Adlon, die Kaffees, die Flaneure, das Kino, die Jazz- und Tanzetablisments oder moderne Kunst, die der um sich greifende Nationalsozialismus bedroht. Es ist ein trauriger Abgesang mit fein hintergründiger Bedrohlichkeit, was wahrscheinlich zu diesen Tagen im August gut passt, da sich Berlin als weltoffen zeigte. Das wahre Gesicht des Dritten Reiches zeigt sich meiner Meinung nach allerdings trotz allem in zu zahmer Form und Elfies Hilflosigkeit wird zu sehr auf ihre Verschrobenheit geschoben, die meisten Geschichten werden nicht zu Ende erzählt (Ausnahme: Mme. Comte, in Ansätzen Herr Markus), was ich schade fand, wenn es auch sicher Absicht war, und die Romantik überlagert die hintergründige Bedrohlichkeit ein wenig, was man vielleicht als Festklammern an der Normalität interpretieren könnte. Vieles wird nur erzählt, trägt sich aber nicht wirklich zu. So erleben wir eine Art Scheinwelt, die fast künstlich wirkt angesichts dessen, was sich in den folgenden Jahren nicht nur in Berlin ereignen wird. Ich finde das einen interessanten Ansatz und das Buch liest sich auch sehr gefällig; tatsächlich trifft es aber nicht ganz meinen Geschmack, es ist mir tatsächlich zu zahm und setzt voraus, dass man vieles, was der Olympia-Deckmantel kaschiert, als Leser ohnehin im Kopf hat.