Ein Mann reist Millionen Jahre in die Zukunft, ein Mädchen kämpft auf einer sterbenden Erde ums Überleben... Klingt nach epischem Stoff, oder?
"Die tausend Erden" startet vielversprechend: John Hackett hebt im Jahr 2145 zur Andromeda-Mission ab, während in ferner Zukunft Mela versucht, der schleichenden Zerstörung ihrer Welt zu entkommen. Zwei Erzählstränge, zwei Zeitlinien, viele Fragen und zunächst auch jede Menge Lesespaß.
Die Interview-Situation mit John zu Beginn und die Tatsache, dass Mela zu Beginn ein Kind bzw Teenager ist, machen die Erklärungen, die die Figuren sich gegenseitig aber eigentlich dem Leser geben, plausibel.
Melas Szenen sind bedrückend und atmosphärisch dicht, man lernt ihre kleine, bröckelnde Welt kennen, spürt die Bedrohung, die ständige Bewegung, das große Nichts, das immer näher rückt.
Dann aber kehrt John zurück und irgendwie bleibt alles... seltsam ruhig. Ja, er ist ausgebildet, ja, er kennt die Theorie, aber ein bisschen mehr Schock, ein Hauch mehr Emotion hätte der Figur gutgetan. Seine Perspektive ist mehr oder weniger nur für die astronomischen, physikalischen Erklärungen da.
Stephen Baxters Schreibstil empfand ich als angenehm und leicht zu lesen aber etwas wiederholend. Sowohl inhaltlich als auch was die Formulierungen angeht.
Die große Vision, die der Titel und das Konzept versprechen, wird oft nur angerissen und nicht konsequent weiterverfolgt. Viele Szenarien, die unglaublich faszinierend hätten sein können, werden einfach liegengelassen.
Der Satz "Manches ändert sich nie." kam in verschiedenen Varianten viel zu häufig vor für ein Sci-Fi-Buch, dass so weit in die Zukunft blickt.
Trotz über 700 Seiten fehlt es an Drama, an echten Konflikten, an greifbaren Konsequenzen. Gerade in Melas Welt, die so offensichtlich vor dem Abgrund steht, hätte ich mehr direkte Konfrontationen, mehr spürbare Verzweiflung erwartet. Stattdessen bleibt vieles blass oder wird nur angedeutet.
Trotzdem hat mich das Buch über weite Strecken bei der Stange gehalten. Ich wollte wissen, wie die beiden Erzählstränge zusammenhängen, und obwohl es immer wieder Hinweise gab, konnte ich es bis kurz vor Schluss nicht erkennen. Das Miträtseln hat mir Spaß gemacht. Nur leider verpuffte die Geschichte auf den letzten 100 Seiten, weil klar wurde, der große Knaller wird nicht mehr kommen.
In "Die tausend Erden" stecken gute Ideen und verständlich erklärte Hard Sci-Fi Facts. Aber in Sachen Figuren, Emotionen und erzählerischer Wucht bleibt zu viel auf der Strecke. Kein Reinfall, aber auch kein Highlight. Das war mein erstes Buch von ihm und ich bin trotzdem neugierig auf weitere Bücher von Stephen Baxter!