In Yellowface geht es um die Autorinnen June Hayward und Athena Liu, die sich seit der Uni kennen. Während Athena sehr erfolgreich mit ihren Büchern ist, hat June mit ihrem Debütroman keinen Erfolg und versinkt in der Bedeutungslosigkeit. Als sie eines Abends zusammen Athenas neusten Erfolg feiern und Athena dabei auf tragische Weise stirbt, entscheidet sich June im Affekt dazu, Athenas gerade fertiggestelltes neues Buch einzustecken und nach einiger Überarbeitung als ihr eigenes Buch anzubieten. Sie hat mit diesem Buch viel Erfolg und feiert ihren Durchbruch, doch auch die kritischen Stimmen werden schnell laut und versuchen zu beweisen, dass das Buch nicht von June stammt. June ist gut darin, sich zu behaupten und auf jede Frage eine gut ausformulierte Antwort zu finden, doch ihre Gegner Schrecken vor nichts zurück und June muss nicht nur um ihr Ansehen sondern auch um ihre psychische Gesundheit kämpfen. Ich war sehr gespannt auf dieses Buch, da ich schon viele begeisterte Stimmen von Lesenden zur Autorin Rebecca F. Kuang und ihrem Buch Babel gehört habe. Das Buch greift viele wichtige Themen auf. Es geht um kulturelle Aneignung, dem Machtkampf zwischen asiatischen Autorinnen in den USA, dem Einfluss von Verlagen unter Anderem auf das Entstehen von Bestsellern und dem Erfolg oder Misserfolg von Schreibenden sowie der Macht von Social Media und Shitstorms. Der Roman zeigt, wie sehr der Erfolgsdruck und Konkurrenzkampf die Psyche beeinflussen kann, so dass manche nicht mehr rational handeln und entscheiden können. Keine Figur in der Geschichte ist für mich wirklich sympathisch, alle scheinen egoistisch und machtbesessen zu sein und nur auf den eigenen Vorteil bedacht. June versucht einerseits Mitleid zu erregen für ihre Situation, andererseits ist sie auch der Meinung, dass ihr der Erfolg zusteht und sie begabt, talentiert und beliebt ist. Die Selbstverliebtheit ist an einigen Punkten sehr stark ausgeprägt und geht über das gesunde Maß hinaus. Eine Frage habe ich mir beim Lesen immer wieder gestellt: besitzt June wirklich soviel Talent, wie sie glaubt oder war der Flop ihres ersten Romans gerechtfertigt und der zweite Roman hatte nur dank Athenas Grundfassung Erfolg? Bei Athena ist es auch schwer, sie sympathisch zu finden. Immer wenn June schöne Momente aus der Freundschaft skizziert, in der Athena menschlich, empathisch und nahbar wirkt, handelt sie entgegengesetzt und wirkt schlagartig wieder unsympathisch. Hier stellt sich jedoch die Frage, in wieweit die Darstellung von June verzerrt wird durch ihre Eifersucht und ihre subjektive Wahrnehmung und in wieweit sich die Freundschaft zwischen den Beiden wirklich so zugetragen hat. Ich glaube, dass an der Darstellung der Buchwelt, den Erfolgschancen der Schreibenden sowie der Möglichkeit von Social Media, Shitstorms auszulösen, egal ob gerechtfertigt oder nicht, sehr viel Wahres dran ist und das hat mich gleichzeitig traurig und wütend gemacht. Nach meiner Wahrnehmung wird durch das Handeln der Verlage und Buchketten die Buchwelt bzw. die Büchertische in den Filialen immer eintöniger und ich vermisse die Vielfalt an Stimmen und Geschichten. Hier ist man auf Recherchen sowie Empfehlungen von Anderen angewiesen.Die Autorin hat einen packenden und teilweise unkonventionellen Schreibstil und ich fand die Handlung sehr spannend und die Charaktere so realistisch dargestellt, dass ich gleichzeitig begeistert und genervt war. June war mir jedoch teilweise zu anstrengend und gerade gegen Ende hat ihre impulsive und unbedachte Handlung sie dumm wirken lassen, was mich genervt hat. Das Ende beantwortet die ein oder andere offene Frage und skizziert den weiteren Weg, aber ganz abgeschlossen ist die Geschichte damit nicht, vor allem, da es sich um eine subjektive Einschätzung handelt und nicht um Tatsachen. Insgesamt hat mir der Roman gerade thematisch gut gefallen, es war für mich mal etwas ganz Anderes.