"Liebe und Leid gehörten doch zusammen, erzeugten Reibung, und die bringe einen weiter. Uns weiter."InhaltFür Jella ist ihre Beziehung zu Yannick ein Geschenk, nachdem sie immer wieder an kaputte, hartherzige, abgestumpfte Typen geraten ist, bei denen es ausschließlich um Sex ging, bestenfalls um lockere, unkomplizierte Treffen, die ganz natürlich irgendwann im Sande verliefen. Nun ist Jella Anfang Zwanzig, studiert an der Universität und denkt, all die unattraktiven Beziehungen hinter sich gelassen zu haben. Yannick ist ihre erste große Liebe, die ebenso stürmisch und nachhaltig erwidert wird. Selbst eine gemeinsame Wohnung und ein gemeinsames Leben mit Kindern und allem was dazu gehört scheint denkbar. Doch kleine Risse entstehen schon nach kurzer Zeit - Yannick macht Jella Vorschriften, die sie umgeht, er ist eifersüchtig auf jeden Blick eines anderen Mannes, Jella provoziert diese. Yannick ist Vegetarier, Jella mischt heimlich Fleisch unters Essen. Sie fühlt sich nicht mehr glücklich, er kann ihr nicht mehr vertrauen. Doch statt eine Trennung in Erwägung zu ziehen, schaukelt sich das Beziehungsunbehagen immer weiter auf, es kommt zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und schließlich zum absoluten Crash - Jella muss sich entscheiden, ob sie am Gift dieser Liaison zu Grunde gehen möchte oder doch die Reißleine zieht ...MeinungNach zahlreichen positiven Rezensionen von Lesern mit einem ähnlichen Geschmack, wie meinem, war ich überzeugt, dass diese Lektüre genau das Richtige für mich sein könnte. Und ich wurde nicht enttäuscht, obwohl ich eigentlich eine andere Erzählweise erwartet hatte. Grundsätzlich bin ich großer Fan der Ich-Erzählperspektive, vor allem, wenn man sich mit dem jeweiligen Erzähler identifizieren kann. Nur gestaltete sich das hier bereits nach wenigen Seiten als unmöglich. Jella ist für mich eine sehr schwierige Hauptperson gewesen, ihre Gedanken und Handlungen sind für mich nur schwer nachvollziehbar. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diese Art Freundin nicht haben möchte - in gewisser Weise oberflächlich, dann wieder vollkommen unerschrocken, innerlich sehr einsam und mit einem geradezu erschreckend nüchternem Lebensstil, bei dem gewaltvoller, lockerer Sex hingenommen und sogar gesucht wird. Aus ihren Fehlern zieht sie keine Konsequenzen, im Gegenteil, sie betäubt ihr Leid mit weiteren Fehlentscheidungen. Es fiel mir zunehmend schwer, das auf ihr Alter und ihre schwierige Jugend zurückzuführen.Dennoch hat mich die Geschichte mehr und mehr in ihren Bann gezogen: sie ist sehr emotional, schonungslos und ehrlich. Sie zeigt wie mühsam es ist, sich als Frau aus erlernten Beziehungsmustern zu befreien, dass man einmal auf dem falschen Weg, schnell in das nächste unglückliche Abenteuer schlittert. Was mich aber am meisten fasziniert hat, war das Eingeständnis von Jella, sich selbst und dem Leser gegenüber, dass sie bis zu einem gewissen Grad, mit Absicht provoziert, um den anderen herauszufordern. Das sie vieles wieder schönredet und verwischt, wenn die Schläge aufhören und die blauen Flecken verblassen. Auch ihre bewusste Entscheidung, diesem Teufelskreis nun ein Ende zu setzen und ihr gleichzeitiges Bedauern, welches mit dem Verlust des einst geliebten Menschen in Verbindung steht, konnten mich überzeugen.FazitIch vergebe verdiente 4,5 Lesesterne, die ich zu 5 Aufrunde. Selten bin ich einer Hauptfigur so wenig verbunden gewesen und habe mich dennoch hervorragend in ihre Gedankengänge einklinken können. Ich musste während des Lesens immer wieder innehalten und das Geschriebene reflektieren - oft kopfschüttelnd und widerwillig, dann wieder zustimmmend und fast traurig. Diese Lektüre hätte mir in einer Leserunde sehr viel Freude gemacht, denn es gibt so vieles, über das man diskuttieren könnte. Sprachlich war es mir manchmal zu derb und die zahlreichen Sexszenen hätte es meines Erachtens auch nicht gebraucht, dennoch war jedes Wort nahezu perfekt, weder zu viel noch zu wenig, einfach auf den Punkt gebracht. Diesen Roman sollte man unbedingt lesen, er hat auf der psychologischen Ebene eine enorme Aussagekraft und bietet eine Vielzahl an Betrachtungspunkten. Es geht weder um Mitleid, noch um Verständnis sondern vielmehr um einen Reifungsprozess, der mit dem Bekämpfen der inneren Geister zu tun hat, und den wohl jede Person in so einer Situation durchlaufen muss.