Kessie, Grit und Charly haben zwei große Gemeinsamkeiten: Sie alle drei lieben Hunde. Und alle drei halten nichts vom klassischen Lebenskonzept Mann, zwei Kinder, Doppelhaushälfte. In Berlin führen sie das Leben, das sie für das Beste halten: Kessie ist schon seit Jahren ohne Mann und vermisst noch nicht einmal den Sex; Grit liebt Anno, aber das heißt noch lange nicht, dass sie zusammen wohnen müssen; Charly vergnügt sich gleich mit mehreren Männern und genießt es, sich nicht entscheiden zu müssen. Ihr Umfeld stellt ihre Entscheidungen doch immer wieder in Frage: Müssten sie nicht mit 40 Jahren endlich mal sesshaft werden? Werden sie es nicht bereuen, kinderlos geblieben zu sein? Ist ihnen Einsamkeit im Alter nicht vorbestimmt? Kessie, Grit und Charly kennen die Antwort auf diese Fragen eigentlich, doch das Leben zwingt sie dazu, sich noch einmal damit auseinanderzusetzen: als Kessies Mutter ins Pflegeheim kommt und sie auf ihre Jugendliebe trifft; als Grit aus ihrer Wohnung fliegt und Anno seine Chance kommen sieht; als Charly ungewollt schwanger wird, obwohl sie dachte, sie wäre schon in den Wechseljahren.Stefanie de Velasco erzählt inDas Gras auf unserer Seitevonweiblichen Lebensentwürfen jenseits der Norm. Kessie, Grit und Charly haben sich bewusst gegen die Ehe und genauso bewusst gegen Kinder entschieden. Ihr Glück finden sie in der Freundschaft miteinander und in der Beziehung zu sich selber. Doch mit ihrer Entscheidung, sich selbst immer an erste Stelle zu setzen, ecken sie nicht nur in ihrem Freundes- und Familienkreis immer wieder an, sondern bekommen auch das Urteil der Gesellschaft zu spüren: Frauen, die sich nicht für Mann und Kinder aufopfern, gelten immer noch als egoistisch, als Kampfemanzen und irgendwie auch als unnormal.Dies schildert de Velasco jedoch nicht mit der Holzhammermethode:Das Gras auf unserer Seiteistkeine feministische Kampfschrift, sondern ein Roman, der drei Frauen in ihren 40ern begleitet und Raum schafft für ihre Sorgen, Gedanken und Problemen. Die Geschichte fokussiert sich sehr auf dasAlltagslebender drei Protagonistinnen, was zu einer authentischen Story führt, bei der die Handlung jedoch häufig dahinplätschert.Die oben geschilderte gesellschaftspolitische Dimension wird in den Interaktionen der Protagonistinnen außerhalb des Freundinnen-Dreiecks zwar greifbar, die Geschichte hallt aber nach Beendigung der Lektüre wenig nach.Der Roman liest sich leicht weg.Die Sprache istalltäglich, bisweilen jedoch etwas drastisch, wenn Charlys Perspektive im Vordergrund stellt. Aufgelockert wird der Text durch eingeschobene Whatsapp-Nachrichten, die etwas gewollt wirken und meiner Meinung nach wenig Mehrwert haben. Strukturell gliedert sichDas Gras auf unserer Seitein fünf Abschnitte, die nach den Phasen des weiblichen Zyklus benannt sind. Er endet mit der Menstruation, in derdie drei Protagonistinnen ein positives Fazit ziehen und ihre Leben in ihrer Fülle feiern- Leben, die eben von außen häufig als defizitär bezeichnet werden, sich auf den knapp 250 Seiten als das Gegenteil entpuppen. 4 Sterne für diesen selbstbewussten Frauenroman.