Besprechung vom 02.05.2021
Fallschirme
Ailton Krenak ist einer der wichtigsten indigenen Philosophen Brasiliens. In seinem Buch "Ideen, um das Ende der Welt zu vertagen" (btb, 144 Seiten, 10 Euro) erklärt dieser scharfsinnige Kulturkritiker, warum wir die Idee, es gebe eine Menschheit, am besten verwerfen sollten; inwiefern "Nachhaltigkeit" ein heimtückischer Begriff ist; oder warum wir endlich kapieren sollten, dass die Menschen "nicht die einzigen interessanten Wesen mit einer eigenen Sicht auf das Sein" sind. Zum Weltende sagt er ohne Scheu: Es ist - wie alle indigenen Völker, die seit Jahrhunderten ausgeraubt und erniedrigt werden, wissen - bereits geschehen. Also statt in ständiger Angst vor der Apokalypse zu leben, sollten wir "unsere Kreativität darauf verwenden, bunte Fallschirme" zu bauen, um besser zu fallen. Das klingt zunächst deprimierend. Wer aber die energischen und glasklaren Worte Ailton Krenaks aufmerksam liest, versteht, dass diese Fallschirme uns an einen ganz anderen Ort tragen könnten. hdca
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