Wie es der erste Band der neuen Mittelalter-Fantasy-Reihe von Anthony Ryan bereits wunderbar erzählt als Lektüre vor Augen gestellt hat, der Name "Scribe" erinnert nicht umsonst an "Scriba", "Schreiber". Denn das ist Alwyn durchaus.Und natürlich, wie bekannt, auch mehr. Vielleicht einer, der es mit den Regeln nicht ganz so genau nimmt? Einer, der pfiffig im Kopf und durchaus auch in der Alge ist, eine Waffe zu führen. Und manches mehr. Aktuell aber hat er, meint er und scheint es, seine Bestimmung fürs erste gefunden. Lady Evadine Courlain zu schützen. Und zudem wurde seine Begabung als Spion entdeckt, die nun mehr und mehr in den Mittelpunkt rücken wird. Und der nun sich neuen Gegebenheiten zu stellen hat. Gefahren, die sich im Königreich zusammenbrauen und die zu seiner Mission werden. Für Ruhe sorgen zu sollen. Doch das ist tatsächlich Neuland für ihn und, das ist ihm klar, mit Gefahren verbunden. ""Ich soll meine Kompanie auflösen", sagte Evadine. "Meine Anhänger sollen ihre Waffen abgeben und nach Hause zurückkehren ........ Ich soll König Thomas die Treue schwören und mich in einen abgelegenen Schrein zurückziehen...". Evadine ist einfach zu einem Machtfaktor durch die große Schar ihrer Anhänger geworden. Und Thomas, der König im Reich Albermaine, will Loyalität und keine Komplikationen. Denn nicht nur Evadine könnte ihm zur Gefahr werden- Doch Alwyn weiß es besser und kennt das Geheimnis hinter Thomas Abstammung. Was auch zur Gefahr machen könnte, wenn es allgemein bekannt werden würde. Doch noch ein anders lauert im Hintergrund. Denn die Vision, die Evadine in sich trägt, kündet von einer kommenden Apokalypse, von Chaos und Zerstörung, deren Ursachen "nicht von dieser Welt" sein werden. Und so macht sich Alwyn auf in eine Welt in Unruhe, Verrat und dunkler Geheimnisse, die sich lange nicht in der verschleierten Abstammung des Königs erschöpfen werden. Wobei er zunehmend unter Druck gerät, denn das Kriegshandwerk ist ihm fremd und auch er selbst steht vor der Wahl, Schwert und Kampf anzunehmen oder unverrichteter Dinge zurückkehren zu müssen. In Ruhe und doch mit Zug erzählt Ryan auf über 650 Seiten eine eigentlich altbekannte Geschichte von Rittern und Macht, von Questen und Verrat, von Kämpfen und Intrigen. Die er allerdings bildkräftig und spürbarem Talent für die Entwicklung seiner Figuren vor Augen legt. Vor allem Alwyn ist vielschichtig beschrieben und, durch die emotional dichte Erzählweise der Zerrissenheit dieser Welt voller Blutvergießen und zunehmender Gewalt erhält Alwyn mehr und mehr Facetten. Die innere Entwicklung des Mannes und seine Konfrontation mit sich selbst macht einen hohen Teil des Reizes dieses Werkes aus. Mitsamt der zum rechten Moment passenden Action-Einlagen, die aber immer auch in ihren Folgen für die Menschen und das Leben im Reich durcherzählt werden. So finden Leser und Leserinnen zum einen schnell hinein in die Ereignisse durch kompakte Rückblicke zu Anfang des Romans und bleiben gerne beim Verlauf der Geschichte und der differenzierten Entwicklung samt neuen Facetten der handelnden Personen. Wieder einmal ein sehr guter Mittelalter-Fantasy Roman des Autors.