Vor zwei Jahren ist Paulas 10-jähriger Bruder Tim gestorben, und noch immer ist sie nicht darüber hinweg. Wie auch, wenn ein so wichtiger und existentieller Teil ihres Lebens einfach so verschwunden ist? Ohne es anzukündigen, ohne sich zu verabschieden, ohne Rückfahrtschein. Eines Nachts lernt Paula auf die skurrilste Weise Helmut kennen, einen alten Mann, der zu allem eine Meinung hat und diese stets kundtut. Zusammen macht sich dieses ungleiche Paar auf eine lebensverändernde Reise.Dieses Buch handelt von dem wohl verrücktesten Roadtrip, von dem ich je gehört habe. Paula und Helmut könnten verschiedener nicht sein, und trotzdem verbindet die beiden eine ganze Menge. Paula steckt mitten in ihrer Depression, in ihrem persönlichen Marianengraben, aus dem sie nur schwer wieder herauskommt. Jeder, der schon einmal jemanden in seinem Leben verloren hat, jemand wirklich Wichtiges, wird verstehen, wie Paula sich fühlt. Ihr kleiner Bruder ist gestorben, und die beiden hatten eine so enge Beziehung, dass Paula es kaum schafft, weiterzuleben. Die Gefühle und Gedanken, die hier aus der Ich-Perspektive dargestellt werden, sind unglaublich nachvollziehbar. Jede noch so profane Alltagssituation erinnert sie dabei an Tim, und somit kommt sie niemals mit ihren Gedanken los von ihm. Sie macht sich immer wieder Vorwürfe, für Tims Tod verantwortlich zu sein. Tim hat das Meer und dessen Bewohner geliebt, umso unfairer ist es, dass er in eben diesem sein Leben lassen musste und ertrank. Immer wieder schweifen Paulas Gedanken ab zu Gesprächen mit Tim, in denen er über die Tiefen des Meeres sprach und noch mehr und mehr wissen wollte.Helmut möchte die Asche seiner verstorbenen Frau in die Heimat ihrer Kindheit bringen. Gleichzeitig trägt er ein Geheimnis mit sich, das nach und nach ans Licht kommt und Paula härter trifft, als sie es zu Anfang noch vermutet hätte. Helmut ist ein eher verschlossener Zeitgenosse, und sobald es Paula gelingt, kurz hinter die Fassade zu blicken, macht er dicht. Trotzdem entwickelt sich zwischen den beiden eine Freundschaft, die Paula dabei hilft, langsam aus ihrem Marianengraben aufzutauchen.Die teilweise absurden Gespräche zwischen Helmut, den sie auf dem Friedhof kennenlernte, und Paula verleihen den Charakteren eine Herzlichkeit, die ansonsten zwischen all der Trauer untergehen würde. Paula ist zwar depressiv, aber gleichzeitig hat sie irgendwie ihren Humor nicht verloren. Der Text ist stellenweise sarkastisch und mit kleinen, makabren Witzen versehen, die das traurige Ambiente der Kapitel auflockert. Trotzdem bleibt ein drückendes Gefühl beim Lesen.Der Schreibstil gibt einem das Gefühl, man wäre selbst betroffen. Ich persönlich habe mich einfach sehr erinnert gefühlt. Alles, wovon Paula erzählt, konnte ich wiedererkennen. Die Verzweiflung, die Leere, das Nichtverstehen um den Verlust einer Person. Gleichzeitig führt das Buch einem vor Augen, wie kurz das Leben ist. Was wie eine abgedroschene Mahnung klingt, die heutzutage auf jeder 3. Postkarte zu finden ist, ist hier subtil verpackt und lässt sich nur langsam entdecken, verliert dadurch seine Profanität.Dieses Buch geht wirklich ans Herz (und an die Nieren). Zwischendurch verlor es für mich persönlich kurz an Fahrt, nachdem die ersten Seiten vollgepackt waren mit Absurdität und Gefühl. Zum Ende hin war ich aber wieder völlig mit Paula in ihrem Marianengraben und an Helmuts Seite. Die letzten 20-30 Seite habe ich nur noch geheult und selbst, als ich das Buch beendet hatte, musste ich noch lange darüber nachdenken, was mir diese Seiten mitgegeben haben. Am liebsten würde ich noch weiter auf den Inhalt eingehen, es gibt so,so viel, was ich noch ansprechen möchte, Dinge, die mich berührt haben und bei denen ich noch immer einen Kloß im Hals spüre, wenn ich darüber nachdenke. Aber ich möchte hier niemandem spoilern. Lasst euch diesen kathartischen Roadtrip nicht entgehen!