Eine Mordserie erschüttert Rügen. Was verbindet die Opfer, eine Touristin, einen Bauunternehmer und Kommissar Schwinkas Ex-Freundin Nadine? Der Ermittler steht vor einem Rätsel, aber er sieht Zusammenhänge. Doch Oberstaatsanwalt Dückert scheint das Vertrauen in seinen bevorzugten Kommissar verloren zu haben oder warum sonst richtet er drei Sokos ein? Offensichtlich glaubt er nicht, dass die Fälle zusammenhängen. Eile ist geboten, denn das Morden auf Rügen geht weiter.
In "Todesinsel Rügen: Schwinkas vierter Fall" lässt Autor Jens-Uwe Berndt seinen Kommissar erneut im gewohnten Umfeld ermitteln. Die vorhergehenden Fälle zu kennen, ist sicher ein Plus. Das Buch lässt sich aber unabhängig von seinen Vorgängern gut lesen.
Kriminalhauptkommissar Schwinka ist mental nicht in Bestform. Er wird von Albträumen geplagt. Sein letzter Fall setzt ihm noch zu. Die vielen Toten auf Rügen tragen nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Wir lernen einige zwielichtige Gestalten kennen. Den schmierigen Hafenmeister Buch, der wie eine Spinne in seinem Netz hockt und die Fäden zieht, seinen undurchsichtigen Adlatus Pierre Simoldt, der sein eigenes Süppchen kocht. Beide sind der Krankenschwester Pia verfallen, die wesentlich mehr als eine hübsche Barbie ist und ihre eigenen Pläne verfolgt. Dazu kommen noch ein einsamer polnischer Krankenpfleger, ein unglücklicher Großbauer, korrupte Stadträte, diverse Kleinganoven und ein ziemlich hohler, aber überaus erfolgreicher Influencer. Nicht zu vergessen der ehemalige Bulle Michael Neumann, der unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen wurde und dafür Schwinka die Schuld gibt. Er will Rache und sieht sich schon als Rüganer Pate. Die Fülle an Charakteren deutet die eine Schwäche des Buches an. Viele Tote, viele Verdächtige, viele Verbrechen, viele Verwicklungen. Das sorgt für Verwirrung.
Jens-Uwe Berndt schreibt schnörkellos und bildhaft. Rügen und die Ostseeküste Vorpommerns werden so dargestellt, dass der Wiedererkennungswert hoch ist. Seine Protagonisten wirken authentisch und besonders die Widerlinge sind glaubwürdig.
Schwinka ist ein Fall für sich, ein genialer Ermittler, der zuletzt Federn lassen musste, was ihn einen guten Teil seiner Arroganz gekostet hat und ihn umgänglicher macht. Seine Kollegen Schobel und Chupaski sind fähig, sehr loyal und schätzen Schwinka als Polizisten und Menschen, was eine entscheidende Rolle spielt.
Der Krimi erwies sich anfangs als etwas sperrig für mich, aber dann hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen und meine volle Konzentration gefordert. Die Handlung weist sehr viele lose Enden auf und es fällt nicht nur den Ermittlern schwer, die Zusammenhänge zu erfassen. Was haben bestialisch ermordete Touristinnen, ein erschossener Bauunternehmer, ein erhängter Kommunalpolitiker und Schwinkas erstochene Ex gemeinsam? Neben den Morden verlangen Steuervergehen, Schmuggel, Vergewaltigungen, Nötigung, Bestechung und Korruption nach Aufklärung und Strafe. Der Fall gewinnt immer mehr an Tempo und die Spannung wächst. Am Ende erfolgt die Auflösung in einem kurzen, heftigen Showdown. Es bleiben Fragen offen, doch Schwinkas Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Wie er selbst sagt "Wir haben die Mörder gefasst, aber den Fall nicht gelöst." Antworten wird es hoffentlich in Schwinkas fünftem Fall geben.
Von mir bekommt dieser etwas andere Krimi gute vier Sterne und eine Leseempfehlung an alle Krimifans, die schwierige Fälle nicht scheuen.