Blitzschnell zieht einen Garden Girls in ein Unwetter aus Spannung, das man nicht unbedingt trocken übersteht. Tiberius Granger ist kein typischer Held; er ist rau, clever und hat genug inneren Krach, dass man sofort mit ihm auf Spurensuche gehen will. Die Kombination aus makabren Mordspielen, blutigen Tattoos und einer alten Liebe, die plötzlich wieder auftaucht, funktioniert hier wie eine perfekt gestellte Falle: man tritt rein und merkt erst später, dass der Boden fehlt. Mich hat vor allem die Atmosphäre gepackt der Wind, der Regen, die Insel mit ihrem fauligen Geheimnis sind so glaubhaft beschrieben, dass ich beim Lesen fast den Geruch von Salz und Moder an der Nase hatte.
Der Erzählrhythmus wechselt geschickt zwischen gnadenloser Ermittlungsarbeit und privaten Déjà-vus, wodurch die Story nie ermüdet. Die Autorin nimmt sich Zeit, Figuren Ecken und Kanten zu geben; Bexley ist keine reine Sidekick-Rolle, sondern ein Katalysator für Erinnerungen und Fehler, die Tiberius immer noch verfolgen. Kleinere Logiklöcher schleichen sich ein, besonders gegen Ende, wo ein Motiv etwas zu schnell gestreckt wirkt, aber die Spannung reißt das locker wieder raus.
Was ich besonders gefeiert habe: die Dialoge. Sarkastisch, knapp, mit einem trockenen Humor, der zwischen den Folien aus Gewalt und Verlust aufblitzt. Die Ermittlungsarbeit wirkt bodenständig, die Forensik glaubwürdig und das Finale serviert genug Gänsehaut, um sich die Nachtlektüre zu rechtfertigen. Kein Wohlfühlkrimi, sondern einer, der unter die Haut fährt. Für Fans von düsteren Thrillern mit komplexer Hauptfigur eine klare Empfehlung.