Falls man eher fröhliche oder spannende Bücher lesen möchte, dann sollte man dies hier besser nicht anfangen, denn es beschreibt ein sich fortpflanzendes Unglück. Ein Trostlosigkeit verströmender Mathematiker kommt eines Tages wegen einer Lappalie in ein Krankenhaus und verguckt sich in die angehende Krankenschwester, die ihn verarztet. Da die Eltern des Mädchens eine gute Partie wittern, heiraten die beiden, obwohl Liebe wohl eher nicht im Spiel ist. Damit nimmt das Unglück seinen Lauf. Die Ehe bringt vier Töchter hervor, die sich im Wesen deutlich unterscheiden. Alle mögen die kleine Olivia, die letzte des Mädchenreigens. Ansonsten regiert gegenseitige Abneigung.In einer lauen Sommernacht verschwindet Olivia und wird nie gefunden. "Die Familie zerbricht an diesem Unglück", liest man auf der Rückseite des Buches. Aber das stimmt nicht, denn sie war schon vorher kaputt. Besser gesagt: Sie war nie intakt.Zunächst stirbt die Mutter, viele Jahre später der Vater. Kurz vor seinem Tod kommen zwei der Schwestern zurück ins Elternhaus. Beim Ausräumen des Hauses finden die beiden in die Jahre gekommenen völlig unterschiedlichen Frauen im als heilig geltenden Arbeitszimmers des Vaters das Lieblingskuscheltier von Olivia, von dem sie sich nie getrennt hätte. Damit steht ein Verdacht im Raum, der sich nicht ausräumen lässt.So weit, so gut. Doch Kate Atkinson verwebt diesen Fall mit anderen, die mit ihm nichts zu tun haben. Ein Wunder ist das nicht, denn die eigentliche Geschichte lässt sich auf einer halben Seite erzählen, auch wenn sie den ersten Verdacht nicht völlig bestätigt. Das Scharnier zu den anderen Geschichten stellt ein Privatdetektiv dar, der wieder eine eigene Geschichte besitzt, die auch unbedingt erzählt werden muss. Man sieht an dieser künstlich erzeugten Verschachtelung den Erzählstil der Autorin, den man je nach Empfinden als Kunst oder als nervtötend, um mal die beiden Extreme festzulegen, auffassen kann.Atkinson macht das aber nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen. Sie springt wie eine dieser schwatzhaften Damen, die man nicht loswerden kann ohne unfreundlich zu erscheinen, von einer Erzählstelle zur nächsten, aber sie kommt nicht wirklich vorwärts. Sie erzählt um des Erzählens willen. Oder weil sie schreiben will ohne einen ausreichend tiefgehenden Stoff zu besitzen. Und dabei breitet sie ein depressiv machendes Bild von Zuständen und Beziehungen aus, das man nur noch deshalb in sich aufnimmt, weil man endlich wissen will, was nun eigentlich damals passiert ist.Mir hat dieser langatmige Roman nicht gefallen. Aber vermutlich handelt es sich wieder einmal um eine Kunst, die ich nicht verstehe. Ich fand das Buch eher anstrengend. Von Spannung kann jedenfalls nicht die Rede sein.