Vom titelgebenden Archiv wird kaum Gebrauch gemacht und es gibt einige unlogische Details: meine Erwartungen waren höher.
Tante Frances dachte immer, dass sie eines Tages umgebracht wird. Sie hatte recht. Und sie hat vorgesorgt.Frances Adams war siebzehn Jahre alt, als ihr eine Wahrsagerin auf dem Jahrmarkt prophezeite, dass man sie ermorden würde. Ihr Leben lang nahm niemand Frances ernst. Bis sie nun, sechzig Jahre später, ermordet wird! Tante Frances hatte also recht. Und sie hat vorgesorgt. Erstens hat sie auf ihrem herrschaftlichen Landgut in Dorset ein besonderes Archiv angelegt. Jede Person aus dem Dorf, die sie auch nur im Entferntesten für verdächtig hielt, taucht dort auf. Zweitens hat sie ein Testament hinterlassen: Wer den Mordfall löst, erbt alles. Schafft es ihre Großnichte Annie oder der fiese Stiefneffe?Da Annie die schrullige alte Dame nie kennengelernt hat, scheint sie klar im Nachteil. Doch dann findet sie ein Tagebuch der Tante und liest über ein tragisches Ereignis in den Sechziger Jahren. Annie kombiniert: Unter mehr als einem Dach in Castle Knoll schlummert ein Geheimnis. Nur unter welchem ein mörderisches?Willkommen in Castle Knoll, dem Dorf mit dem einzigen Mörderarchiv der Welt!Die Prämisse hat mir auf den ersten Blick gefallen: Eine Frau, die sich ihr Leben lang sicher war, dass jemand sie einmal ermorden würde, weshalb sie ein Archiv angelegt hat, in welchem alle ihr verdächtig erscheinenden Personen aufgelistet sind.Ich war sehr gespannt darauf zu erfahren, woher ihr unerschütterlicher Glaube an die eigene Ermordung stammt und ob sie mit ihrem Archiv tatsächlich auch auf die richtige Spur führen könnte.Die Auswahl an verdächtigen Personen ist von Anfang an riesig und so ziemlich alle Figuren, die Annie zu Beginn trifft, verhalten sich auch schnell extrem auffällig und enthüllen schnell Motive und/oder nicht ganz vollständige Alibis.Eigentlich also eine tolle Ausgangslage, jedoch fallen schnell auch so einige Logiklücken auf.So ist Annie die einzige, die sieht, dass die Blumen, welche die tote Frances umklammert hielt, mit Metallnadeln gespickt waren - weder den Sanitätern noch der Polizei ist dies aufgefallen - und anstatt einfach noch mal die Polizei zu rufen, nimmt sie selber das komplette Blumengebinde, hat plötzlich eine passende Plastiktüte zur Hand und macht sich damit irgendwie (ein Auto hat sie nämlich nicht) auf den Weg zur Polizei.Dort fällt dem Detective dann auf, dass Annie sich die Hände aufgeschnitten hat und einen Ausschlag hat und obwohl er erkennt, wovon der stammt, sagt er ihr das aus unerfindlichen Gründen nicht.Klang für mich schon total unecht, aber ab diesem Punkt ging es mit den Seltsamkeiten erst los.Die Interaktionen wirkten auf mich teilweise extrem gestellt.Die einen Figuren machen sich durch ihre Aussagen extrem verdächtig, wobei Annie dann auch nie genauer nachfragt, sondern alles immer einfach so hinnimmt und die anderen geben direkt überhaupt keine klaren Aussagen von sich.Der Detective z.B. gibt ständig nur halbe oder kryptische Aussagen von sich. Selbst den Autopsiebefund kann er nicht einfach nennen, sondern übergibt den Bericht an Saxon, der sich den erst mal durchlesen soll, um Annie dann zu erzählen, was da drinsteht.Das fand ich extrem unnötig und besonders nervig, da sich solche Szenen mehrfach wiederholen.Was mich im Verlaufe der Handlung ebenfalls ein wenig gestört hat, war, dass das eigentliche (titelgebende!) Mörderarchiv kaum zum Einsatz kam. Saxon und seine Frau gehen zwar ziemlich rabiat mit den Akten um - was im Übrigen auch niemanden so richtig stört -, aber Annie macht kaum Gebrauch davon und löst den Fall schließlich anhand von Frances' Tagebuch.Gut, dieses Buch soll ja nur den Auftakt einer Reihe rund um das Mörderarchiv darstellen, aber ich fand es schon etwas enttäuschend, dass wir hier so gut wie gar keinen Gebrauch davon gemacht haben.Insgesamt wurde ich aber ein paar Stunden lang ganz gut unterhalten und da sich der Krimi ja auch eher im "cosy crime"-Bereich aufhält, konnte ich auch die ein oder andere Logiklücke einigermaßen verschmerzen. Fazit: Für einen Auftaktband mit "Mörderarchiv" im Titel wurde von besagtem Archiv viel zu wenig Gebrauch gemacht und es gab auch so einige Logikfehler. Da wir uns aber im eher gemütlichen "cosy crime"-Genre befinden und es zumindest für ein paar unterhaltsame Stunden sorgen konnte - auch wenn meine Erwartungen deutlich höher waren - vergebe ich trotz einiger Kritikpunkte 3 Sterne.