gut ausgearbeitete Welt, Buch für all jene, die leise, kluge und atmosphärische Storys lieben
Mit dem Auftaktband "Eislotus - Wasser findet seinen Weg" entführt Liza Grimm ihre Leser in eine interessant dargestellte High Fantasy Welt, die sich ganz der Magie der Elemente verschrieben hat und das auf eine Weise, die so ungewöhnlich wie poetisch ist.Aber worum geht es denn überhaupt?! In Naras Welt beherrschen die Menschen die Magie der Elemente, indem sie sich an ein Seelenbuch binden. Nach ihrem Tod geht ihre Seele in das Buch ein und vergrößert dessen Macht. Diese sagenumwobene Technik beherrschen einzig die Buchbinder, die deshalb die am stärksten umkämpfte Ressource sind. Damit die Welt sich im Kampf um sie nicht selbst zugrunde richtet, wurde nach dem großen Krieg das Ritual des Lichts etabliert. Ein großes Spektakel, in dem entschieden wird, wer die Buchbinder und damit die wichtigste Ressource der Welt nach Hause bringen darf. Hierfür schicken die größten Städte ihre Elementgesandten in die Akademie, in der harte Wettkämpfe darüber entscheiden, wer sich letztendlich dem Ritual des Lichts stellt. Nara kommt als eine Elementgesandte des Wassers an die Akademie - ihr Ziel: den Sieg und damit nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch die kostbaren Buchbinder erringen, um ihre Heimat vor dem Ruin zu retten. Denn bei ihr Zuhause werden die Elementgebundenen immer seltener und die Menschen fliehen aus der Stadt aus Eis, die einst ein funkelndes Hafenjuwel war. Doch während Nara um die Zukunft ihrer Heimat kämpft, stellt sich heraus, dass weitaus mehr auf dem Spiel steht...Schon der Einstieg zeigt einem, dass dieses Buch etwas Geduld verlangt. Die Geschichte baut sich nur sehr langsam auf, beinahe wie ein leises Fließen, das erst nach und nach an Kraft gewinnt. Doch wer dranbleibt, wird mit einer gut ausgearbeiteten Welt belohnt, die von der Autorin mit großer Fantasie und spürbarer Hingabe geschaffen wurde.Der Schreibstil ist leicht und flüssig, mit einem geschickten Einsatz besonderer Ausdrücke, die die Welt lebendig machen. Nur das häufige "Schnalzen mit der Zunge" hat mich irgendwann etwas entnervt aufseufzen lassen.Die Story wird abwechselnd aus den Perspektiven von Nara (einer Mondgebundenen des Wassers) und Katso (einem Sonnengebundenen des Feuers) erzählt. Wasser und Feuer prallen somit aufeinander, doch gleichzeitig ergänzen sie sich auch... Nara ist erfreulicherweise eine glaubwürdige und äußerst menschliche Protagonistin. Denn sie ist zwar eine Kämpfernatur, neugierig und lernbereit, aber eben auch nicht unfehlbar...Für interessante Zwischenmomente sorgt immer wieder die geheimnisvolle "gesichtslose Fußnote", die mit spitzer Zunge und dezentem Humor das Geschehen kommentiert. Wer oder was sich hinter dieser Stimme verbirgt, bleibt zunächst offen, doch gerade das verleiht der Story meiner Meinung nach nochmals einen besonderen Reiz.Auch die Bedeutung von Wissen und Verantwortung wird innerhalb der Geschichte immer wieder betont. Hier wird nicht wie so oft nur mit Schwertern, sondern auch mit Verstand, Herz und Mut gekämpft. Die Handlung dreht sich insgesamt also weniger um blutige Auseinandersetzungen, sondern eher um Kreativität, um das Zusammenspiel der Elemente und um die Frage, was Macht wirklich bedeutet.Neben Intrigen, Halbwahrheiten und Seelenbüchern spielt aber auch das Konkurrenzverhalten der Elementgesandten eine zentrale Rolle, wenn auch ohne allzu große Actionmomente. Romantische Entwicklungen stehen zudem angenehm im Hintergrund, etwas, dass bei dem was der Markt aktuell so bietet, irgendwie erfrischend wirkt.Was der Geschichte jedoch ein wenig fehlt, ist die Tiefe und emotionale Wucht, die man sich bei so einem gut durchdachten Konzept wünschen würde. Einige Szenen, etwa die Prüfungen, bleiben leider viel zu blass und hätten meiner Meinung nach deutlich mehr Raum verdient. Dennoch entfaltet die Story eine Art ruhige Wohlfühlatmosphäre, man taucht Schritt für Schritt tiefer in die besagte Welt ein, bis man dann tatsächlich auch richtig angekommen ist.Der Auftaktband endet übrigens mit einem Cliffhanger, der viele Fragen unbeantwort lässt. Doch zum Glück wartet die Fortsetzung bereits in meinem Regal auf mich.Besonders bleibt demnach vor allem eines, nämlich die Idee der Seelenbücher. Der Gedanke, nach dem Tod "zu Tinte zu werden" und mit den Vorfahren vereint weiterzuleben, um kommenden Generationen Kraft zu schenken, hat mir wirklich sehr gut gefallen."Eislotus - Wasser findet seinen Weg" ist somit nicht nur eine reine Fantasy-Geschichte, sondern auch eine interessant umgesetzte Reflexion über Erinnerung, Weitergabe und die Macht des geschriebenen Wortes. Ein Buch für all jene, die leise, kluge und atmosphärische Storys lieben, mit einem Hauch von Geheimnis und viel Gefühl für das Magische im Wort.