Rosalie, eine Münchner Influencerin, erlebt in Mirror: Schön wie Rosen einen schmerzhaften Bruch mit ihrer Außenwelt: Ein verletzender Kommentar live, ein unerbittlicher Shitstorm - und plötzlich wünscht sie sich einfach fort aus der Realität. Sie erwacht im Märchenreich von Die Schöne und das Biest, doch dort gelten ganz andere Regeln der Schönheit. Diese Prämisse liefert Lucia Herbsts Urban Fantasy einen starken Konflikt: Wer definiert, was schön ist - und zu welchem Preis?Besonders gelungen finde ich, wie Herbst typische Märchenmotive und die Welt der sozialen Medien miteinander verknüpft: Die Influencer-Kultur als Spiegel (im wörtlichen und übertragenen Sinn), Performance, Selbstbild und Erwartungen - all das wird nicht bloß als Kulisse eingesetzt, sondern als Schmerzpunkt, der Rosalie herausfordert und verändert.Die Figuren sind meist klar gezeichnet, manche sind etwas stereotyp - aber gerade Rosalie entwickelt sich; ihr innerer Konflikt wirkt nachvollziehbar. Erzählerisch ist das Buch flüssig, lebendig, mit überraschend modernen Dialogen und Szenen, die sowohl märchenhaft schmiegen als auch Kritik üben.Ein kleiner Wermutstropfen: Manche Wendungen fühlen sich vorhersehbar an, und gelegentlich schießen die Schönheitsideale zu plakativ überzogen in Richtung Klischee. Wer aber bereit ist, mit diese Unwuchten zu akzeptieren, bekommt eine warmherzige Geschichte, die dazu anregt, über Schönheit, Selbstvertrauen und Außenseiterrollen nachzudenken.