Besprechung vom 25.05.2022
Schnee, der auf Büffelköpfe fällt
Als Bilder mit Seele bezeichnet Norbert Rosing die Landschaftsfotografien seiner großen Vorbilder, David Muench, Bruce Barnbaum, Eliot Porter und an erster Stelle Ansel Adams - und nennt den Bilderfluten unserer Zeit zum Trotz auch seine Reisen in den amerikanischen Westen eine "Seelensuche". Dass ihm das Herz übergeht, wenn der Behive Geyser im Yellowstone seine Fontäne haushoch in den Himmel schleudert, ist nicht zu übersehen. Und wie sehr ihn die Stille der Natur rührt, spürt man ebenso in jeder Aufnahmen der Jahrhunderte alten Bäume im Sequoia Nationalpark wie in den Bildern von Büffeln, die zwischen Dampf und Schneetreiben auftauchen wie Botschafter einer lange vergangenen Zeit. Norbert Rosing geht dorthin, wo sich Amerikas Westen von seiner erhabensten Seite zeigt - und wohin es jedes Jahr Hunderttausende von Touristen zieht. Aber von denen sieht man auf seinen Schwarz-Weiß-Fotografien nichts - geradeso, als sei der Zugang zur Wildnis allerorten so streng reglementiert, wie Teile der Vermilion Cliffs in Utah es sind. Und so erscheint dieses Land bei ihm so unberührt, wie es die Teilnehmer der ersten Expeditionen in diesem Teil des Kontinents erlebt haben dürften. Es ist eine Art von Fotografie, die manche altmodisch nennen, andere als zeitlos betrachten: auf der Suche nach Momenten vollendeter Reinheit. Wohl dem, der das von seiner Seele sagen kann. F.L.
"Wild West" von Norbert Roing. Tecklenborg Verlag, Steinfurt 2021. 180 Seiten, 105 Schwarz-Weiß-Fotografien. Gebunden
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