Bevor ich mit meiner Meinung zu Shadow: Dunkle Geheimnisse starte, möchte ich vorher kurz auf die schöne Gestaltung des Buches eingehen. Mir gefällt das Cover unglaublich gut, denn es spiegelt die Geschichte hervorragend wider. Der Tod und das Leben gehen hier Hand in Hand und obwohl so viel zerstört wird, gibt es doch lichte und bezaubernde Momente. Auch der florale Buchschnitt und die Innengestaltung von Shadow: Dunkle Geheimnisse sind passend. Die Zitate zu Beginn eines jeden Kapitels und deren Anfänge sind mit dunklen Wolken umrahmt und verleihen der Geschichte auch optisch Düsternis. Einzig vermeidbare Rechtschreibfehler trüben leicht meinen Gesamteindruck. Ich erwähne sie bewusst am Anfang meiner Rezension, da sie meinen Lesefluss zwar nicht gestört, mir aber dennoch gehäuft aufgefallen sind.
Shadow: Dunkle Geheimnisse lässt mich mit seinem Prolog direkt emotional einsteigen. Ich lerne Jaxon kennen, der seinen letzten Abend als Junggeselle einfach nicht genießen kann. Zu schwer wiegt die Schuld seine beste Freundin Maddie von seiner Hochzeit auf Wunsch seiner zukünftigen Frau Ella ausgeladen zu haben. Doch er kann nicht anders, er muss und will zu dieser Entscheidung stehen. All der Schmerz und das Leid der beiden besten Freunde über den Entschluss ist spürbar. Die Verzweiflung geht mir nah und ich frage mich, was Jaxon damit erreichen möchte.
Mit Beginn des ersten Kapitels gibt es einen Zeitsprung von fünf Jahren und es wird deutlich, dass Maddie nie über den Verlust ihrer Freundschaft zu Jaxon hinweggekommen ist. Sie hat den Ort ihrer Kindheit und des Glücks mit ihm gemieden, doch nun muss sie zurückkehren. Maddies Tante ist verstorben und hat ihr das kleine Café, welches Kate betrieben hat, vermacht. Es beginnt für mich nun eine intensive Lesezeit durch eine Menge Leidenschaft, die verschmolzen wird mit Schmerz, Liebe und vielen dunklen Geheimnissen.
Shadow: Dunkle Geheimnisse lebt von seinen beiden Protagonisten Jaxon und Maddie. Im Wechsel der Kapitel ermöglicht mir der personale Erzähler Einblicke in beide Welten und baut damit eine packende emotionale Spannung auf. Die Ereignisse sind durch die Wahrnehmungen und Empfindungen der beiden geprägt, was zu einem stark gefühlsorientierten Erzählstil führt. Abgerundet wird das Ganze durch detailreiche Beobachtungen.
Besonders begeistert mich, wie gut es Tanja Nickel gelingt, Szenen kontrastreich darzustellen. Der Blick auf äußere Einflüsse und innere Gemütszustände ist oft ambivalent, unterstreicht aber gekonnt die Konflikte, die sowohl Maddie als auch Jaxon austragen.
Während die Handlungen straff vorangetrieben werden, geben kleinere Rückblicke in die Vergangenheit der beiden ein umfassenderes Bild ihrer Freundschaft und Zuneigung zueinander. Die Vergangenheitsfäden sind dabei nicht chronologisch erzählt, dafür aber passend zum aktuellen Geschehen.
Jaxon ist eine sehr zwiespältige Figur, die einerseits voller Schuld- und tiefen Gefühlen für Maddie ist. Sie ist seine Sonne und es gilt sie um jeden Preis zu schützen. Andererseits ist er absolut skrupellos in seinem Leben als CEO und Ehemann. Jaxons Brutalität steht in einem starken Kontrast zu seiner inneren Zerrissenheit, was unglaublich plastisch beschrieben wird.
Sein Wesen wird besonders durch den Schreibstil sehr unterstrichen. Während in manchen Szenen sein seelischer Zustand, seine Schuldgefühle und teilweise auch seine Erinnerungen emotional und nachvollziehbar beleuchtet werden, so werden die geschäftlichen Situationen nüchtern und mit einer gewissen Distanz erzählt. Mit jeder gelesenen Seite wird deutlicher, was für ein getriebener und gefährlicher Mann Jaxon ist. Mir laufen häufiger eisige Schauer über den Rücken und doch fasziniert mich diese Figur sehr.
Maddie ist der leuchtende Gegenpart zum düsteren Jaxon. Sie ist eine verletzliche, aber auch sehr loyale und freundliche Person. Sie steht sinnbildlich für das Unschuldige im Leben und ich schließe sie direkt ins Herz. Maddies Konflikte in Bezug auf Jaxon sind menschlich und berühren mich.
Die Anzahl der Nebenfiguren ist überschaubar und eher funktional. Sie sind oft ein Beschleuniger für Konflikte, besonders Jaxons Ehefrau Ella. Sie wirkt wie eine Antagonistin, doch ich muss schnell in dieser Geschichte lernen: Nichts ist, wie es auf den ersten Blicken scheint.
Alle Charaktere sind nuanciert ausgearbeitet, aber besonders viel Tiefe haben Maddie und Jaxon erhalten.
Shadow: Dunkle Geheimnisse hat einen ausgeklügelten Spannungsaufbau, der sich über mehrere Ebenen erstreckt. Während die emotionale Beziehung zwischen Maddie und Jaxon im Vordergrund steht, sorgen Thriller-Elemente und familiäre Konflikte für ordentlich Zündstoff. Die Geschichte ist atmosphärisch dicht erzählt und wechselt sich gekonnt mit actionhaltigen und ruhigeren Szenen ab. Dabei wirkt alles sehr realistisch und lebendig.
Tanja Nickel spielt hier auf eine spezielle Art mit Gut und Böse, mit Hass und Liebe. Jaxons Welt ist voller Gewalt und grauenvoller Geheimnisse. Stück für Stück werden sie für mich enthüllt und die Brutalität ist nichts für Zartbesaitete.
Maddie hingegen hellt die Geschichte um viele Nuancen immer wieder auf und ist eine Art Ruhepol. Für Jaxon, aber auch für mich.
Insgesamt fesselt mich Shadow: Dunkle Geheimnisse total. Es ist eine dramatische Liebesgeschichte über zwei Menschen, die auf gefährlichen Pfaden wandeln und dabei versuchen, ihr Herz und sich selbst nicht zu verlieren.
Shadow: Dunkle Geheimnisse ist Dark Romance und hier braucht es starke Nerven. Besonders die explizit beschriebenen Gewaltszenen sind intensiv und plastisch dargestellt. Toxische Beziehungsmuster werden genauso schonungslos beleuchtet wie die erotischen Sequenzen.
Je weiter sich das Ganze zuspitzt und je näher ich dem unausweichlichen Ende komme, umso endgültiger erwartet mich ein dunklerer, alles zerstörender Abgrund. Ich fürchte mich vor dem Finale und sehne es doch herbei. Tanja Nickel stürzt mich am Ende über eine Klippe und obwohl das Buch so abschließt, dass es grausam realistisch ist, blutet mir doch ein wenig das Herz.
Fazit:
Shadow: Dunkle Geheimnisse ist ein emotionaler Pageturner mit düsteren Abgründen, moralischen Grauzonen und Liebe. Das Buch wühlt auf und ist eine gefährlich leidenschaftlich erzählte Geschichte, die noch lange in mir nachhallen wird.