Ein Wiener Schriftsteller mit ausschweifendem Lebenswandel zwischen Koks und Alkohol, ein Abenteurer, eigentlich der geborene Solist, dessen Persönlichkeit aber von Marie durch einen gemeinsamen Trip zum Südpol entscheidend verändert wird und ein 13jähriger Heranwachsender aus der Provinz mit unklarer Bezugspersonenbindung, der sich mit Schach aus der realen Welt rettet und von der Liebe träumt, das sind die Hauptfiguren, die dieses 750 Seiten Epos dominieren. Dazu kommen noch jede Menge illustrer und interessanter Nebenfiguren, ein pralles Sujet für einen Roman und den Leser.Glavinic hat mehr als einmal bewiesen, dass er ein großartiger Erzähler ist, dass er mit traumwandlerischer Sicherheit den richtigen Ton für seine Figuren findet und dass er Spannung aufbauen kann. Das gelingt ihm auch hier, doch durch die schnellen Wechsel der jeweiligen Figuren und auch der vielen Orte verlangt er seinen Lesern einiges an Aufmerksamkeit ab. Manches Mal wäre man gerne etwas länger an einem Strang geblieben und das Ganze hat eigentlich keine Spitze zum Ende zu, sondern bleibt auf einem Level, was nicht schlecht ist, aber was natürlich die Struktur eines Buches von dieser Länge aushebeln kann. Das passiert zwar nicht, denn Glavinic bleibt immer im Rahmen und behält die Übersicht, doch die stringenten Parallelbewegungen sind nicht immer auch optimal.Was auffällt, sind einzelne Gedanken, die man sich am liebsten herausschreiben würde. Ganz besonders seien die Fünf-Sterne-Denkmodelle über Demokratie und Terrorismus (S.454 und S.676) erwähnt, die trotz ihrer Kürze und Einfachheit besser sind als vieles, was in den letzten Jahren dazu herumgeschwafelt wurde.Im Vergleich mit seinen anderen Büchern fällt dieses hier wegen der Inhaltsfülle ab. Seinem Stil bleibt der Autor treu und das ist auch gut so. Vielleicht wären sogar drei Bücher besser gewesen, als aus diesem Stoff ein so umfangreiches zu machen.Mit dem tränenden Auge des Fans kann man hier nur drei gute Sternchen geben. Wenn es die Bewertung geben würde, dann dreieinhalb. In jedem Fall muss das jeder für sich entscheiden, verlorene Zeit, dieses Buch zu lesen, braucht aber niemand befürchten.