Überwachung und Datenerfassung genießen keinen guten Ruf. Ob durch staatliche Akteure oder Digitalunternehmen sobald Informationen u ber uns gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden, denkt man schnell an das Angstregime der Stasi, autoritäre Überwachungsdystopien, die Allmacht der Tech-Konzerne.
Auch auf der Linken haben wir Datenschutz und Privatsphäre hochgehalten, eine strenge Regulierung der Konzerne gefordert und »Meine Daten gehören mir! « gerufen. Doch privacy und Datenschutz sind bu rgerliche Kategorien, die letztlich ein Privateigentum im Digitalen konstituieren. Statt uns die Potentiale des digitalen Wandels fu r ein radikal solidarisches Projekt anzueignen, sind wir in die Falle einer konservativen Kritik und der Vorstellung einzelner isolierter Datenbesitzer:innen getappt.
Timo Daum fordert stattdessen, Überwachung positiv zu denken als Produktivkraft, als Form der Sorge, als Möglichkeit guten Regierens. Denn Überwachung kann auch bedeuten, Vermieter und Eigentu mer an Preistreiberei zu hindern, Raser im Straßenverkehr auszumachen, Finanz- und Steuerverbrechen aufzudecken oder den Grundstein fu r ein postkapitalistisches, bedarfsorientiertes Wirtschaften zu legen.
Von einem Lob der Überwachung zu sprechen, ist keine geschichtsvergessene Romantisierung autoritärer Systeme, sondern der Versuch, uns die technischen Möglichkeiten, die der Überwachungskapitalismus geschaffen hat, fu r eine Zukunft ohne Kapitalismus anzueignen.