Besprechung vom 09.01.2020
Unter den Bergen eine eigene Welt
Wir sagen Eifel und denken augenblicklich an spitze Vulkankegel und steile Wanderwege, an Höhenzüge und Hochebenen, an Burgen und die Schlote von Bierbrauereien. Dass das spröde Mittelgebirge ganz im Westen Deutschlands von natürlichen und künstlichen Höhlen, von Eiskellern, Weinkellern, Bierkellern, römischen Wasserleitungen, von aufgelassenen Bergwerkstollen, Bunkern aus dem Zweiten Weltkrieg und solchen aus dem Kalten Krieg durchlöchert, ausgehöhlt und untergraben ist, wurde hingegen vergessen, weil es verborgen bleibt. Was freilich in der Natur der Dinge oder besser der "Unterwelten" liegt. So nennt Achim Konejung, von Beruf Kabarettist, Dokumentarfilmer und Führer von Bildungsreisen zur Grenzgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, seine Auswahl von mehr als hundert unterirdischen Eifelorten, die auf den ersten Blick verborgen, jedoch allesamt zugänglich sind. Manche davon problemlos, andere nur zu festen Öffnungszeiten, noch andere nur mit einem Führer und einige nicht während der Fledermausschutzzeiten, die, wie der Autor uns erinnert, vom 1. Oktober bis 31. März dauern. Sodann hinab in die Schaltzentrale des ehemaligen Bunkers der nordrheinwestfälischen Landeszentralbank in Satzvey, in die mit Erläuterungstafeln und Café am Ausgang möblierte Kakushöhle bei Mechernich, in der die Neandertaler gehaust haben. Der Himmel muss warten. Denn es folgen die kühle Gruft der Burg Dalbenden, die gemauerten Stollen des Bleibergwerks Mechernich, der zur Radtrasse umgewandelte Tunnel der Ahrtalbahn, ein Schieferstollen bei Recht, ein paar Buntsandsteinhöhlen bei Kordel. Mehr nackter Stein, aber auch Beton, etwa im Panzerwerk Katzenkopf bei Irrel, war nie. Zu jeder Unterwelt gibt es ein paar launige Zeilen, mal auch eine etwas bemüht daherkommende Anekdote, dazu die genaue Verortung, postalisch und im Internet. Und nun zurück zur Sonne, zum Licht.
ksi
"Eifeler Unterwelten" von Achim Konejung. Eifelbildverlag, Daun 2019. 288 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden
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