Wir befinden uns in Köln und den 50er-Jahren. Die junge Cosima Liefenstein ist eine reiche Erbin einer mehr als einflussreichen Industriellenfamilie, die schon vor Generationen gewusst hat, wie Reichtum und Wohlstand aufzubauen sind. Cosima wurde im zweiten Weltkrieg geboren und genoss trotz der harten Zeiten damals eine ausgezeichnete Erziehung und Ausbildung. Dabei wirkt die junge Frau nicht verwöhnt, sondern sie möchte, nach einer eindrücklichen Begegnung mit einer alleinerziehenden Mutter aus einer anderen sozialen Schicht als der ihren, etwas Gutes für diese Frauen tun und gründet eine Stiftung für bedürftige Frauen und Mütter. Nicht alle in der Familie, auch nicht ihr Verlobter Alexander, sehen das wohlwollend, doch ihr Onkel Theodor, das unumschränkte Familienoberhaupt, unterstützt sie, denn er liebt seine Nichte aus ganz bestimmten Gründen besonders. Doch auf der Stiftungsfeier macht Cosima eine Beobachtung, die ihr Leben und ihre Sicht, ihre Loyalität und ihre Liebe zu ihrer Familie, auf den Kopf stellt und Cosima nach und nach veranlasst, Nachforschungen zum Thema Firmengeschichte anzustellen. Dabei kommt sie Familiengeheimnissen auf die Spur, die es ihr nicht möglich machen einfach gemäß ihres Standes und Status weiterzuleben. Bei ihren Recherchen schreckt Cosima Geister aus der finstersten Zeit Deutschlands auf, die nicht bereit sind ihre geheimen Netzwerke aufzugeben und zu allen Mitteln bereit sind...
Der junge Journalist Leo Marktgraf arbeitet als freier Mitarbeiter bei einer Kölner Tageszeitung und stellt Nachforschungen über den Tod eines seiner Freunde an, der plötzlich und unerwartet verstarb, nachdem er schwere öffentliche Anschuldigungen gegen die Familie Liefenstein und ihr mächtiges Firmenimperium erhoben hatte. Mehr oder weniger zufällig begegnet Leo Cosima und stellt fest, dass sie so gar nicht seinem Eindruck von einer jungen reichen Erbin entspricht. Die jungen Leute fühlen sich nach und nach zueinander hingezogen, denn nachdem jeder auf seinem Weg auf Mauern des Schweigens traf, haben sie doch entdeckt, wie gut sie sich verstehen und austauschen können und sie schmieden einen Plan, wie sie gemeinsam vorgehen um die Familien- und Firmengeheimnisse aufzudecken. Dabei verlieben sie sich immer mehr, doch Leo hat ein Geheimnis und verpasst den Zeitpunkt, Cosima die Wahrheit zu sagen....
Claire Winter hat es mal wieder geschafft einen hervorragend historisch recherchierten Roman zu schreiben, geschickt auf zwei Ebenen verteilt. Der Leser kann mitfiebern, wie Cosima und Leo ein Puzzlestück nach dem anderen finden und zusammensetzen und mit jedem Puzzlestück nimmt uns die Autorin mit nach Berlin in die 30er-Jahre, wo alles begann. Wir begegnen dem dunkelsten Kapitel unseres schönen Deutschlands in allen Facetten, nehmen Anteil an einer großen Liebe; sehen Wahrheit und Lüge; Macht und den Mut, sich dieser entgegenzustellen egal welche Konsequenzen es hat; Ungerechtigkeit und Gerechtigkeit, wenn auch sehr spät; Leidenschaft, die sich in Hass verwandelt; Verdrängung bis in die Gegenwart und tiefe Reue. Dabei sind die Charaktere der Protagonisten so authentisch und facettenreich geschildert, dass sich während des Lesens sofort eine Verbindung zu ihnen einstellt. Mir hat die Entwicklung von Cosima, die anfangs einfach nur die Privilegien ihres Standes genoss und keine Ahnung hatte, auf welchem menschenverachtendem Fundament es aufgebaut war, sich wirklich ernsthaft damit auseinandergesetzt hat und entsprechende Konsequenzen zog. Auch war es schön zu lesen, dass es trotz allem Leid und aller Schwere, die bis in unsere Gegenwart wirkt, es Hoffnung und Versöhnung geben kann, wenn die Menschen den Mut haben sich der Wahrheit zu stellen und für sie einzustehen. Wieder ein absolut gelungenes Buch und es muss gerade, wenn ich die heutige Entwicklung in unserem Land beobachte unbedingt gelesen werden.