Ohne den Klappentext zu lesen, habe ich mich auf die Leseprobe von Mein drittes Leben gestürzt, nachdem Die Liebe im Ernstfall von Daniela Krien vor ein paar Monaten meine persönliche Bücher-Hitliste gestürmt hat. Nach der Leseprobe war klar, dass ich dieses Buch lesen MUSS, egal wie hart es wird. Und es wurde hart. Es ist vermutlich die aufreibendste Lektüre, die ich bisher zu Ende gelesen habe. Doch es war wichtig und richtig. Und es war unfassbar lohnenswert. Im ersten Teil des Romans habe ich mich immer wieder gefragt, was ein Mensch aushalten und ertragen kann, obwohl die Grenze des Leidens jeden Tag aufs Neue erreicht und überschritten wird. Ungeschönt, nüchtern und authentisch erzählt die Autorin von Lindas (für mich zum Glück) unvorstellbaren Qualen - tagein tagaus - seit dem Tod ihrer Tochter. Obwohl mir wirklich oft die Tränen kommen, lese ich weiter und bin fasziniert, wie es Daniela Krien gelingt, diesen Teil des Lebens in die richtigen Worte zu packen, wo uns allen doch meist die Worte ausgehen, wenn das Leid zu groß wird. Im zweiten Teil des Romans lässt das (Mit-)Fühlen nicht nach, doch nun lerne ich, was Trauerbewältigung bedeutet. Und genau das ist es, was dieses Buch für mich aus- und vor allem einzigartig macht. Denn zusammen mit Linda gehen wir da durch - durch die schlimmsten Abgründe - solange bis wieder Licht kommt. Dieses Licht reißt mich mehr mit als all das Leid zuvor und es zeigt auf phänomenale Weise, wie perfekt winzige Momente des Zustands vollkommener Wunschlosigkeit (S. 266) sein können. Ich bin froh, dass ich dieses Buch unvorbelastet lesen durfte - und dennoch war es harte Kost. Doch eines werde ich mitnehmen: Es lohnt sich, auf das Licht zu hoffen und an Wunder zu glauben, auch dann, wenn die Dunkelheit alles zu verschlingen droht. Große Leseempfehlung für ein wirklich bewegendes Buch in wundervoller Sprache mit glaubwürdigen und tollen Charakteren. Das Buch lässt innehalten, muss verdaut werden und hallt nach - es kann sogar überlebenswichtig sein.