Ich dachte ja, ich wäre gegen britischen Landadel-Charme immun. Pustekuchen! Die Nachbarin von Elizabeth Jenkins hat mich eiskalt erwischt. Da denkt man, man bekommt ein gemütliches Tee-mit-Scones-Romanchen, und dann sitzt man plötzlich mitten in einem psychologischen Katz-und-Maus-Spiel, bei dem ich stellenweise nicht wusste, ob ich lachen, weinen oder Imogen einfach mal schütteln soll.
Imogen unsere Heldin, naiv, aber mit Herz hat diesen Evelyn geheiratet. Ein Typ, der jedes Mal, wenn er aus London angerollt kommt, so tut, als würde er zufällig bei der burschikosen Nachbarin Blanche auf ein Pläuschchen vorbeistolpern. Blanche, die in Tweed gehüllt mit der Angelrute über die Felder marschiert, als wäre sie der heimliche Boss der Grafschaft. Ich habs gefeiert!
Das Schöne an diesem Buch: Jenkins schreibt nicht mit dem Holzhammer. Sie schleicht sich an, lässt Dialoge wirken und bringt einen dazu, an der eigenen Wahrnehmung zu zweifeln. Wer ist hier eigentlich das Problem? Imogen mit ihrer mädchenhaften Zartheit? Blanche mit ihrer robusten Natürlichkeit? Oder der Herr Gatte, der wie ein Eichhörnchen zwischen den beiden hin- und herspringt?
Es wird nie laut, nie kitschig, aber immer ein bisschen schräg und wunderbar britisch-skurril. Das hat mich fasziniert. Natürlich will man zwischendurch Imogen eine Portion Rückgrat und Blanche ein paar Manieren rüberschicken, aber genau das macht den Spaß aus. Es ist kein Drama mit Blitz und Donner, sondern ein leiser, aber umso fieserer Nadelstich ins Selbstbewusstsein.
Einen Stern ziehe ich ab, weil es manchmal doch etwas gemächlich vor sich hin plätschert man will wissen, wann die Bombe endlich platzt, aber Jenkins lässt einen zappeln wie einen überforderten Forellenangler.
Fazit: Die Nachbarin ist wie ein charmant-vergifteter Tee bei einer britischen Lady man merkt erst zu spät, dass man schon mittendrin steckt. Und das machts ziemlich genial.