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Margret Boveri: Ein Leben für den Journalismus
Margret Boveri (1900-1975) war die herausragende Journalistin ihrer Zeit. Ihr Leben verkörpert die Grunderfahrungen einer Generation, deren Weg durch zahlreiche Brüche der deutschen Geschichte bestimmt war. Heike B. Görtemaker zeichnet den Lebensweg dieser ungewöhnlichen Frau nach, zu deren Freundes- und Bekanntenkreis so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Theodor Heuss, Ernst von Weizsäcker, Freya von Moltke, Ernst Jünger, Gottfried Benn und Uwe Johnson zählten.
Aufgewachsen als Tochter eines Würzburger Zoologen und einer amerikanischen Biologin war Margret Boveri Anfang der dreißiger Jahre zunächst für das Berliner Tageblatt tätig und arbeitete schließlich als Korrespondentin der angesehenen Frankfurter Zeitung in Stockholm, New York und Lissabon. Nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" machte sie die Wiedervereinigung Deutschlands zu ihrem Hauptanliegen. Geleitet vom Wunsch nach einem gemeinsamen Deutschland und einem genuin "deutschen Weg" trat Boveri früh für eine Verständigung zwischen Ost und West ein und wurde so Vorreiterin einer neuen Ostpolitik. Heike B. Görtemaker schildert Boveris ambivalente Haltung zum nationalsozialistischen Regime und verfolgt ihren Aufstieg zu einer der einflußreichsten Persönlichkeiten des deutschen Journalismus der Nachkriegsgeschichte. Neben ihrer Arbeit für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Welt, die Zeit und den Merkur erlangte sie auch durch ihre zahlreichen Bücher internationale Beachtung. Margret Boveris Leben repräsentiert ein zentrales Stück deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts.
Die Biographie der Margret Boveri - Die Geschichte einer widersprüchlichen Kämpferin
Das Leben der Journalistin Margret Boveri lässt sich nicht auf einen Nenner bringen. Auf dem ersten Blick wirken ihre politischen Ansichten widersprüchlich oder zumindest merkwürdig. Vielen ihrer Mitmenschen schien es schwer zu fallen ihre pro nationale Einstellung zu verstehen. Oft wurde sie auch missverstanden und sogar als nationalsozialistisch beschimpft.
Ihre Lebensgeschichte birgt also einigen brisanten Zündstoff. Es war auch sicher keine leichte Aufgabe die unglaubliche Fülle an Quellenmaterial auszuwerten, denn Margret Boveri war eine manische Schreiberin. Trotz all dieser Probleme traute sich die Berliner Historikerin Heike B. Görtemaker an diese Arbeit heran und es entstand eine, sowohl wissenschaftlich-präzise, als auch sprachästhetisch Biographie einer Kämpfernatur.
416 Seiten umfasst das ausführliche Werk von Heike B. Görtemaker, davon behandeln 314 Seiten das Leben Boveris. Die restlichen Seiten verzeichnen Nachwort, Anmerkungen, Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Personenregister. Das Leben der Journalistin wird in drei großen Lebensabschnitten nachgezeichnet: "Ein Selbstbestimmtes Leben", dieser Abschnitt handelt von der Kindheit, Jugend und Studienzeit Boveris, "Journalistin im Dritten Reich", in diesem Abschnitt wird die journalistische Karriere von Margret Boveri dargestellt und "Ringen mit dem Erbe Hitlers", in diesem Abschnitt wird von Boveris gespaltenem Verhältnis zur Nachkriegspolitik und letztlich auch von der Aussöhnung mit der Bundesrepublik berichtet.
Aufgewachsen in einer deutsch-amerikanischen Familie voller Gegensätze, die Mutter war pragmatisch, der Vater schöngeistig veranlagt, erlangte Margret Boveri früh die Fähigkeit, die ihr später die Tür zum Journalismus öffnen sollte. Ihre Mutter hielt sie zur regelmäßigen Briefkorrespondenz mit ihren Bekannten, Verwandten und Freunden an. Akribisch hob sie die Zeugnisse dieser Korrespondenz auf, ebenso akribisch legte sie später einen Rechercheapparat mit Berichten über politisches Zeitgeschehen an. Nach ihrer Promotion mit einer Arbeit über englische Außenpolitik, versuchte Margret Boveri zunächst erfolglos bei der Frankfurter Zeitung Fuß zu fassen.
Erst durch ein Volontariat beim Berliner Tageblatt,- man muss bedenken, dass eine Frau in den 1930er Jahren nicht gerne in einer Redaktion gesehen wurde, zumindest nicht in einer Redaktion für politisches Zeitgeschehen-, konnte sie sich in der Welt des Journalismus etablieren. Sie verfasste zu Beginn ihrer Karriere Reiseberichte und wurde später als Auslandskorrespondentin in pulsierenden Metropolen wie Stockholm und Lissabon tätig. Sie bereiste viele Länder, sprach unter anderem fließend italienisch und war sehr offen gegenüber fremden Kulturen. Dennoch liebte sie ihr Deutschland und nach der Machtergreifung Hitlers kam Emigration für sie gar nicht in Frage. Sie versuchte trotz aller Schwierigkeiten, die die Gleichschaltung der Presse mit sich brachte, Wahrheit zu berichten.
Durch den Blick auf eine Journalistin, eröffnet diese Biographie zugleich auch einen Blick auf die Mediengeschichte. Neben der Darstellung der Entstehung einiger Zeitschriften wird auch die problematische Gleichschaltung der Presse zur nationalsozialistischen Zeit angesprochen. Viele Möglichkeiten blieben der schreibenden Zunft zu dieser Zeit nicht, ungefärbt zu schreiben. Erste Möglichkeit war für eine liberale Zeitschrift zu arbeiten, die zwar auch einer Kontrolle unterzogen wurde, in der man jedoch wenigstens einen kleinen Raum fand, Wahrheit zu berichten. Die zweite Möglichkeit war die Auslandskorrespondenz. Sie ermöglichte es einem Journalisten außerhalb von Deutschland Nachrichten zu empfangen und diese mit aller Vorsicht geschickt weiter zu verwenden. Auch Boveri hatte durch ihre Tätigkeit als Auslandskorrespondentin dieses Glück.
Schlau wie ein Fuchs und flink wie ein Wiesel schaffte es Boveri immer wieder einen Platz für sich innerhalb der Medienlandschaft zu finden. Sie erarbeitete sich als Frau eine Position in einer Männerdomaine und sie schaffte es ihrem Prinzip, die Wahrheit zu berichten, treu zu bleiben. Jedoch stieß die Patriotin mit ihrer kämpferischen Art auch einigen ihrer Freunde vor den Kopf, zum Beispiel Heuss, den sie als Menschen schätzte, dessen politischen Überzeugungen sie jedoch ablehnte. Mit der Politik Adenauers konnte sie ebenso wenig anfangen, aber mit der Ostpolitik Brandts und Bahrs schien sie durchaus zufrieden zu sein. Sie war für die Vereinigung Deutschlands und dessen Selbstbestimmung und dafür revoltierte sie kräftig. Erst im Alter, wohl vor allen unter dem Einfluss von Uwe Johnson, konnte sie sich mit der Bundesrepublik anfreunden. Sie gelangte immer mehr zu liberalen, statt national- patriotischen Überzeugungen. Zu ihrem Lebensabend hin wurde sie zunehmend ruhiger, litt an einer Krebserkrankung und starb am 6.7.1975 in Berlin, ihrer Wahlheimat.
Das schöne an dieser umfangreichen Arbeit ist, dass man sich selbst eine Meinung bilden darf. Die Autorin stellt alle wichtigen Fakten des Lebens der Journalistin dar ohne sie großartig zu kommentieren. Diese Biographie ist objektiv. Die ansprechende sprachliche Gestaltung, die Präzision in der Ausdrucksweise machen diese Fakten gut lesbar. Zwar verfügt dieses Buch auch über einen ausführlichen und abschreckenden Anmerkungsapparat, der sicher nichts für einen unwissenschaftlichen Leser ist, der Text bleibt aber auch ohne diesen verständlich. Und durch den glücklichen Zufall, dass sich der Text des Apparats hinter dem biographischen Text und nicht auf jedem Seitenende befindet, kann der Otto-Normal-Leser ihn bei der Lektüre auch problemlos unberücksichtigt lassen. Einziger Makel: Die Seiten des Buches sind zu eng bedruckt und die Schrift ist zu klein.
© Gisela Lüdtke - www.literature.de - Das Literaturportal
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