Ganz großes Kino! Düster, kalt und blutig.
"Der Krieg ist es nicht, der dich das Töten lehrt. Er ist nur ein Schlüssel, der etwas in dir öffnet. In allen Menschen lebt eine Bestie, Gabriel. Man kann sie aushungern. Sie einsperren. Sie verfluchen. Aber am Ende zahlt man der Bestie ihren Tribut, oder sie holt ihn sich."Als ich ein Kind war veränderte sich unsere Welt. Die Sonne verdunkelte sich und verlor an Kraft. Tagsüber wurde es kaum noch richtig hell. Wir nannten es den Tagestod. Das ist jetzt 27 Jahre her. Es war die Zeit, in der die Vampire erstarkten. Sie und ihre hässliche Brut fielen wie Heuschrecken über uns her. Landstrich für Landstrich dehnen sich die Vampire aus und die Silberwächter hatten alle Hände voll zu tun sie zu jagen und zurückzudrängen. Ich war 14, als ich in den Orden eintrat. Mein Glaube war groß ... bis zu dem Tag, als ich mich von Gott verraten fühlte ..."Ich habe nichts. Ich besitze nichts. Das Blut von Herrschern strömt durch diese Adern, und dennoch bin ich ein Boot im Sturm ohne Ruder, das von den Winden mal hierhin und mal dorthin getrieben wird. Keine Hölle ist so grausam wie die Machtlosigkeit."Und nun sitze ich hier, Gabriel de León, gefangen in diesem Turm, mit diesem dämlichen Blutsauger, der mich zwingt all die schmerzhaften Erinnerungen wieder auszubuddeln, wie Leichen aus ihren Gräbern. Erinnerungen, die ich im Wodka zu ersäufen versuchte und die Krater aus Schmerz in mein Herz gesprengt haben. Dies ist meine Geschichte, hört und urteilt selbst ..."Wenn wir unser ganzes Leben in Dunkelheit verbringen, ist es dabei ein Wunder, wenn die Dunkelheit in uns zu leben beginnt?"Eigentlich wollte ich "Das Reich der Vampire" von Jay Kristoff gar nicht lesen, denn seit Twilight waren mir Vampirgeschichten zuwider. Doch eine Lesefreundin hat mich schon neugierig gemacht und als dann eine weitere Lesefreundin davon berichtete, musste ich das Buch dann doch lesen. Und was soll ich sagen: Ich bin sehr begeistert! In vier Tagen habe ich diesen Chonker mit seinen 1024 Seiten weggesuchtet, da ich ihn kaum aus der Hand legen konnte. Kristoff hat hier eine sehr düstere, bittere und kalte Welt erschaffen. Blutrünstig, aber auch frech. Sprachlich zum Teil vielleicht etwas derb, aber definitiv passend zu dieser Geschichte - zumindest meiner Meinung nach. Die Charaktere sind grandios und nicht einfach nur in gut oder böse einzuteilen. Es sind graue Charaktere, die ihre guten wie schlechten Seiten haben. Die wir verstehen können, die wir aber trotzdem manchmal schütteln mögen. Sie sind nicht einfach nur starke Helden, sie schwanken und sie fallen. Ich fühlte mit ihnen und fror mit ihnen. Ich jagte mit ihnen und wurde mit ihnen gejagt. Kristoff hat hier eine Welt geschaffen, in die wir vollends eintauchen können und die mit der Romantisierung der Vampire seit Twilight endlich aufräumt."Die größten Lügen sind jene, mit denen wir uns selbst etwas vormachen. Das tödlichste Gift ist das, welches wir freiwillig schlucken. Und dennoch halten wir an unseren Täuschungen fest, wie sich ein Ertrinkender an Strohhalme klammert, weil die Alternative einfach zu schrecklich wäre. Wir glauben an das Leben nach dem Tod, weil das endgültige Ende ein zu dunkler Abgrund wäre, in den man sich nicht zu blicken traut."Man muss kein Vampir-Fan sein um diese Geschichte zu lieben. Ich kann euch sagen, wer auf dunkle, blutige Fantasy steht und nicht zu zart besaitet ist - vor allem auch sprachlich nicht - für den dürfte dieses Werk viele schöne Lesestunden bescheren. Auch optisch ist es eine Augenweide, denn neben zwei Karten vorne und hinten im Buch, die von Virginia Allyn stammen, finden sich wahnsinnig viele und wunderschöne Zeichnungen von Bon Orthwick.Übersetzt aus dem australischen Englisch von Kirsten Borchardt.