Was für eine Wucht hinter der Erzählung einer Lebensgeschichte stecken kann, dass zeigt uns J. B. Schmidt hier ganz eindrucksvoll.Der Fährmann Jón Maggnusson auch Ósmann (Ós = Flussmündung) setzt im hohen Norden Islands Menschen und Tiere über den Fluss. Und während Winter im Winter vergehen, erleiden er und seine Mitmenschen den ein oder andern Schicksalsschlag - bedingt durch die Härte der Natur, des Flusses, der Landschaft, des Wetters und der Dänen (die damals Island regierten). Der Leser bewegt sich von 1889 (Ósmann hat 27 Winter überlebt) bis 1914 (52 Winter überlebt) und wird hierbei Zeuge des Lebens von Ósmann und der Bewohner dieser kargen Gegend. Die Häuser, aus Holz oder Torf errichtet, sind einfach, das Leben karg. Viele Familien wandern nach Amerika aus, um dort ein besseres Leben zu finden. Wie in der Heimat scheitern einige oder haben Glück. Das Leben von Ósmann bewegt sich zwischen Realität und einer Geisterwelt, in der es Elfen gibt und Robben, die ihr Fell ablegen können und als schöne Frauen an den Strand kommen. Dabei ist diese Geisterwelt nur leicht in die Geschichte eingebunden, so dass sie zwar im Hintergrund mitschwingt, die nüchterne Realität jedoch in keinster Weise stört.Erzählt wird die Geschichte von einem Beobachter, der sich immer wieder durch die einzelnen Szenen bewegt - so dass der Leser immer hautnah im Leben Ósmanns ist, ohne dass die Geschichte auf einen Ich-Erzähler zurückgreifen muss.Die Rolle des Erzählers klärt sich zum Ende der Geschichte auf eine schöne (und für mich überraschende) Weise auf. Ósmann bleibt sein Leben lang in seiner kleinen Welt, die durch die Weiten der Fjorde jedoch riesig erscheint; er trinkt Brantwein, geht auf Robbenjagd, verliebt sich, trauert um geliebte Menschen, ist ein geschickter Ringer und ein einfühlsamer Mensch, der Gedichte schreibt.Für mich ein Highlight des Jahres 2025. Von mir geht ein Dank an den Autoren für diese wunderbare Geschichte und eine ganz klare Empfehlung an - tja, an wen...eigentlich an alle!