Die Idee, die Natur als Rechtsperson anzuerkennen, hat in den letzten Jahren weltweit eine beachtliche Dynamik entwickelt. Jula Zenetti widmet sich der für unseren Rechtskreis zentrale Frage: Inwieweit könnte die Natur durch eine Anerkennung eigener Rechte auch im EU-Recht und im deutschen Recht profitieren?
Jula Zenetti zeichnet die Entwicklung des Eigenrechtskonzepts nach, also die Idee, Natur mit subjektiven Rechten auszustatten. Diese Entwicklung vollzog sich über viele Jahrzehnte hinweg und erstreckt sich über unterschiedliche Kontinente und kulturelle Kontexte. Für das Konzept in seiner gegenwärtigen Verbreitung identifiziert sie anschließend verschiedene, sich teilweise stark unterscheidende Varianten. Inwieweit kann das Rechtsgut Natur durch eine Anerkennung eigener Rechte auch im EU-Recht und im deutschen Recht profitieren? Die Autorin vergleicht dazu das Eigenrechtskonzept - in seinen unterschiedlichen Ausprägungen - mit den bestehenden Regelungen des EU- und des deutschen Rechts. Dabei treten sowohl Überschneidungen als auch Schutzdefizite beider Ansätze zutage. Zugleich offenbart die Gegenüberstellung eine bemerkenswerte Entwicklung: Das Umweltrecht der EU und Deutschlands bewegt sich zunehmend in Richtung subjektiver Rechte der Natur und weist damit klare Subjektivierungstendenzen auf. Die vertiefte Analyse dieser Entwicklung zeigt einerseits wachsende Parallelen zwischen geltendem Umweltrecht und Eigenrechten. Andererseits wird erkennbar, dass sich eigene Rechte der Natur in einigen Bereichen stimmiger in die europäische und deutsche Rechtsordnung einfügen als herkömmliche umweltrechtliche Pflichten. Darüber hinaus analysiert Jula Zenetti, welche Wirkungen subjektive Rechte sowohl innerhalb des Rechtssystems als auch nach außen in die Gesellschaft hinein entfalten. Subjektive Rechte haben Rechtssysteme und gesellschaftliche Strukturen seit Jahrhunderten maßgeblich geprägt; insbesondere für die Gegenwart wird ihnen eine immense Bedeutung zugesprochen.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1: Von den Anfängen des Eigenrechtskonzepts bis zur aktuellen Dynamik der Anerkennung
A. Die Anfänge des Eigenrechtskonzepts - B. Die erste Welle der Anerkennung von Eigenrechten - C. Die zweite Welle: Aktuelle Dynamik der Eigenrechte - D. Stand der Forschung und Einordnung der Eigenrechtsidee in die Debatte um die Zukunftsfähigkeit des Umweltrechts - E. Ergebnis
Kapitel 2: Varianten des Eigenrechtskonzepts
A. Natur, Ökosysteme, Wilder Reis: Mögliche Träger*innen von Eigenrechten - B. Inhalt und Umfang von Eigenrechten - C. Formen der Vertretung - D. Ergebnis
Kapitel 3: Gegenüberstellung von Eigenrechten und objektivem Umweltrecht in ausgewählten Bereichen
A. Zum Prinzip der ökologischen Integrität - B. Präventiver Schutz von Arten und ökologischer Integrität - C. Umgang mit Kollisionen - D. Gerichtliche Durchsetzbarkeit von Umweltrecht - E. Ergebnisse und Folgefragen der Gegenüberstellung
Kapitel 4: Eigenrechte als nächster Schritt im Umweltrecht?
A. Zur Konformität von objektivem Umweltrecht im Vergleich zu subjektiven Eigenrechten mit dem Rechtssystem der EU und Deutschlands - B. Innerrechtliche Wirkungen subjektiver Rechte - C. Außerrechtliche Wirkungen: Transformation und Recht(e) - D. Kritik an Rechten der Natur - E. Ergebnis
Gesamtergebnis