Gute Unterhaltung
In diesem 7. Band der Reihe um die Hebamme Hulda Gold entführt uns Autorin Anne Stern in das Jahr 1930. Nicht nur über der Havel senkt sich die Nacht, sondern über ganz Deutschland. Die wirtschaftliche Lage der Weimarer Republik ist am Boden und die Menschen haben die dauernden Regierungswechsel satt. Kein Wunder, dass man nach einem starken Mann ruft und im Sommer wird gewählt. Doch bevor es noch dazu kommt, wird Hulda wieder einmal in einen Kriminalfall hineingezogen. Sie ist bei der Mütterberatung fix angestellt, um den Lebensunterhalt für sich und ihre kleine Tochter zu bestreiten. Gleichzeitig sieht sie das Elend der Frauen, kann dem aber außer ein Keksen und Lebertran nichts entgegensetzen. Dann wird sie von Frau Rosenzweig, einer Bekannten ihres Freundes Max Dessauer, deren schwangere Tochter unbedingt eine Hausgeburt wünscht, angesprochen. In den Vorgesprächen merkt Hulda, dass die jüngere Tochter Juttaganz andere Probleme quälen. Es scheint, als wäre Jutta die einzige Zeugin des Mordes an einem der zahlreichen Anführern einer Jugendgruppe, die es aktuell in Berlin gibt. Hulda versucht ihr Vertrauen zu gewinnen, um herauszufinden, was passiert ist. Meine Meinung: Mir hat dieser 7. Fall nicht ganz so gut gefallen wie seine Vorgänger. Es scheint, als könnte sich Anne Stern nicht ganz entscheiden, ob sie einen historischen Roman oder einen Krimi schreiben wollte. Die Auflösung des Kriminalfalls tritt zu Gunsten der Beschreibung des historischen Umfelds in den Hintergrund. Allerdings muss ich berücksichtigen, dass Hulda ihre Verantwortung ihrer Tochter gegenüber sehr ernst nimmt und versucht, sich nicht in Gefahr zu bringen. Ob das gelingt? Huldas Privatleben ist nach wie vor ein wenig unübersichtlich, zumal sie wieder auf Karl trifft, der in seiner Ehe unglücklich ist. Die Gefahr droht allerdings von ganz anderer Seite, die noch immer nicht richtig wahrgenommen wird. Ich gehe davon aus, dass die rasante politische Entwicklung der nächsten Monate Eingang in den nächsten Band finden wird. Es ist zu hoffen, dass Hulda und Max die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkennen. Fazit: Obwohl ich ein klein wenig unzufrieden bin, gebe ich diesem Roman, der die Stimmung in Berlin um 1930 sehr gut beschreibt, 5 Sterne.