Daniel Wolf kennt sein Publikum. Entsprechend hält er sich nicht lange mit historischen Vorbemerkungen auf, sondern steigt mit dem Prolog mitten ins Geschehen ein. Von der Belagerung der Templer-Stellungen im Königreich Jerusalem bis ins ländliche Frankreich führt die Reise, der Spannungsbogen reißt so gut wie nie ab. Einzig die Station bei Constantins Familie in Varennes-Saint-Jacques ist bedingt nötiger Fanservice für die Leser der Fleury-Saga, denn Constantins Nachname ist nicht umsonst der gleiche wie jener der Salzhändler aus viereinhalb anderen Romanen des Autors.Darüber hinaus funktioniert das Buch auch ohne Vorwissen. Alle historischen Kontexte bekommen wir direkt über die Handlung mitgeteilt. Nie geht es bis an den Königshof, vielmehr konzentriert sich die Handlung immer auf die drei Hauptfiguren, fast gänzlich ohne die typischen Intrigen des Genres. Vielleicht liest sich das Buch auch deshalb trotz seines Umfangs von fast neunhundert Seiten und bis zu vier separaten Handlungssträngen so flüssig. Ein wohltuender Unterschied ist es im Vergleich zu vielen anderen Historienschmökern allemal.Gut recherchiert wirkt es trotzdem, die unruhige Epoche und die besondere Situation der Templer beschreibt Daniel Wolf kenntnisreich und ausgewogen. Im Hinblick auf das Wirken der Templer im Heiligen Land und ihre Rolle bei den Kreuzzügen ist es verführerisch, hier die Antagonisten zu suchen, doch in der Gestalt des Templers Gérard bekommen wir Einblicke in die Vielschichtigkeit des Ordens und seiner Mitglieder. Constantin und Mélisande bieten im Hinblick auf die Figurenentwicklung zwar keine großen Überraschungen, doch die zügig voranschreitende Handlung macht das wieder wett.Am Ende bleibt ein befriedigendes Leseerlebnis, das für sich steht. Auch wenn es der Buchtitel suggerieren mag, wirkt der Band nicht wie der Beginn einer Saga, die Handlung ist am Ende zufriedenstellend abgeschlossen, ohne Cliffhanger oder angeteaserte Überraschungen. Natürlich kann eine Fortsetzung trotzdem funktionieren, Figuren und Epoche geben es her. Ich würde sie lesen! Mit Schutzumschlag, Landkarten und goldenen Lettern auf dem Buchrücken ist der Band zudem ansprechend gestaltet. Das Auge liest mit!