Prinzessin Jessamine ist bereit, alles für ihr Königreich zu geben. So willigt sie sogar ein, eine Zweckehe einzugehen, um ihren Untertanen einen Ausweg aus der Ausweglosigkeit der Seuche zu schenken, die seit Jahrhunderten ihr Reich bedroht. Doch ihr zukünftiger Ehemann hintergeht sie und tötet sie noch vor dem Altar. Doch anstatt zu sterben, findet sich die Prinzessin an der Grenze zwischen Leben und Tod wieder, in der Zwischenwelt, in der der letzte Gott gefangen ist: Der Todlose. Er wartet schon seit Jahrhunderten auf die Möglichkeit, seinen Dämmerschlaf zu verlassen. Und mit seiner Macht wünscht sich Jessamine Rache... Wer würde bei so einem erstaunlichen Cover nicht zugreifen? Der Designer hat sich jedenfalls selbst übertroffen. Aber kann der Inhalt da auch mithalten? Nun, teilweise.Der Einstieg in die Geschichte beginnt rasant, die Autorin verschwendet keine Zeit mit Erklärungen, sondern wirft den Leser direkt ins Geschehen. In eine Welt, in der Männer meinen, die Macht zu besitzen, aber niemand gefürchteter ist als die Hexen. Eine Welt, die nur darauf wartet, dass sich eine Frau aufschwingt und die Ungerechtigkeit rächt. Emma Hamm gibt dem Leser nicht besonders viele Anhaltspunkte in Sachen Worldbuilding, einige Hinweise zur Magie sind zwar vorhanden, aber ein ausgeklügeltes System fehlt. Tatsächlich empfand ich das in diesem Buch aber gar nicht mal als sehr störend, auch wenn es natürlich gern mehr sein dürfte. Stattdessen geht es hauptsächlich um Jessamines Rückkehr in die Welt der Lebenden, um ihre Rache und ihre aufkeimende Verbindung zum todlosen Gott. An der Stelle ist das Buch Romantasy durch und durch, schafft es aber, die schlimmsten Klischees zu umschiffen. Tatsächlich haben Jessamine und der Todlose eine faszinierende Dynamik, die durchaus Spannung zwischen den beiden erzeugt. Der Todlose ist auf den ersten Blick moralisch angeschlagen, aber dann doch nicht der erwartete düstere Bösewicht, sondern eine ausgefeilte Persönlichkeit, die man nicht auf die Anziehung zur Protagonistin reduzieren kann, wie sonst im Genre leider oft üblich. Während die beiden voneinander lernen und sich näherkommen, Jessamine versucht, alte Magie zu meistern und einen Plan zu schmieden, ihr Königreich zurückzugewinnen, vergeht allerdings eine Menge Zeit in der Handlung. Das Buch ist absolut nicht langweilig, überzeugt aber auch nicht mit fesselnden Plottwists oder großen Showdowns, vom Ende einmal abgesehen. Die Autorin hat sich die Zeit genommen, der Entwicklung der Protagonisten Raum zu geben, sodass sich diese zwar natürlich anfühlte, aber das eigentliche Ziel der beiden oft etwas in den Hintergrund rutschte, was vermutlich viele Leser nicht zufrieden stellen wird. Stellenweise fasziniert die Geschichte einfach durch die beiden Protagonisten, an anderen Stellen wirkt die restliche Handlung fast aufgeschoben und unterrepräsentiert, als würde eine übergreifende Handlung erst langsam in Fahrt kommen müssen. Es hätte gern mehr Action geben können, immerhin mangelt es nicht an der Wut einer jungen Frau, die benutzt und weggeworfen wurde. Denn wenn uns das Buch eines vor Augen führt, dann dass man den Zorn einer Frau mehr fürchten sollte als alles andere. Auf den letzten Seiten findet die Geschichte dann ein mitreißendes Ende, das zwar düster und moralisch eher grau, aber auch passend für die Situation ist. Nur die letzte Szene hätte es für mich in der Art nicht gebraucht, gerade die letzte Seite wirkte ein wenig überzogen. Aber Leser, die sich im Romantasy und Dark Fantasy-Genre mehr zuhause fühlen, haben da vielleicht mehr Freude dran. Zum Schluss bleibt die Frage, ob das Ende ein offenes sein soll, oder ob dieses Buch ein Auftakt einer Reihe darstellt. Beides wäre in Ordnung, doch ich würde mir wünschen, noch mehr über Jessamines Welt zu erfahren und zu sehen, wie sie ihr Königreich rettet, oder in den Abgrund reißt.