Khalil stammt aus einer großen Familie. Der Zusammenhalt ist groß. Wenn einer Probleme hat, startet er einen Notruf, und schon bald sind jede Menge kampfbereite, bewaffnete Männer zur Stelle, um den Anrufer zu verteidigen. Diese große Familie hält nicht nur bei Gewaltaktionen zusammen, gemeinsam finden sie auch viele Wege, um schnell reich zu werden. Dabei können sie sich aufeinander verlassen, denn sie sind ja Familie. Khalils arabische Familie stammt aus einem Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei. Wegen den Unruhen in der Heimat wandert sein Großvater in den 40er Jahren nach Libanon aus. Als es auch dort unsicher ist, hört die Familie vom guten Leben in Deutschland. 1978 zieht die Familie nach Deutschland, und nach einigen Eingewöhnungsschwierigkeiten entschließen sie sich zu bleiben. Khalil lebt zunächst in einem kleinen Dorf. Er wird gehänselt und weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Nach einem Familienbesuch in der alten Heimat entschließt er sich nicht mehr Opfer zu sein, sondern mit Gewalt zu antworten. Nach der Trennung der Eltern zieht der Vater mit seinen Kindern nach Berlin, denn dort lebt seine erweiterte Familie, die sich mit ihm um die Kinder kümmern kann. Schon in seinen ersten Teenagerjahren beteiligt sich Khalil mit Begeisterung an die kriminellen Aktivitäten der Großfamilie. Betrug und Diebstahl, Drogenanbau und Handel, Bordellbesuche und mehr kennzeichnen seinen neuen Alltag. Die Schule bricht er ohne Abschluss ab. Er lebt offiziell von Sozialhilfe und sucht immer neue Verstecke für seine Unsummen an Geld. Bis er sich eines Tages entschließt sein Leben zu ändern. Er ist es müde immer in Angst zu leben. Er will auf ehrliche Weise sein Geld verdienen. Er kommt von den Drogen frei, macht das Abitur nach und studiert Sozialarbeit. Jetzt hilft er gefährdeten Jugendlichen ihr Leben zu überdenken und neue, gewaltfreie Wege zu finden. Dieses Buch wurde von der Journalistin Christine Kensche geschrieben, die Khalil eine Stimme gibt. Der Ton dieser Stimme wechselt im Laufe des Buchs mehrmals. Am Anfang wird recht sachlich über die Familiengeschichte berichtet. Dann kommen die Jahre, die von Kriminalität und Ausschweifungen bestimmt sind. Hier spricht ein wütender Junge von der Straße. Bei der Aufzählung der Taten ist nur wenig Reue zu spüren, obwohl es viele Opfer gibt, die stark unter Khalils Verbrechen leiden. Es soll vielleicht authentisch klingen, aber beim Lesen wirkt die derbe, gewaltverherrlichende und mitleidslose Sprache teilweise abstoßend. Die letzten Kapitel sind wieder sehr sachlich geschrieben. Hier geht es um Ratschläge für den Umgang mit Flüchtlingen und Familienclans, damit diese gar nicht erst in die Kriminalität abrutschen. Fazit: Ein Insiderblick auf die Karriere eines Clan-Kriminellen, der die Umkehr schafft. Trotz der unangenehmen, derben Sprache in weiten Teilen des Berichts ist es beeindruckend zu lesen, wie ein Freund und eine Lehrerin durch ihre Liebe und Annahme die Sehnsucht nach einem anderen Leben in Khalil wecken