Reziprozität heißt so viel wie Gegenseitigkeit. Die Gabe - das Geben, Nehmen und Erwidern - ist ein zentrales Prinzip vormoderner Gesellschaften. Mit dem Übergang zur modernen Gesellschaft verbinden viele die Auflösung dieses Systems zugunsten einer strikten Marktlogik einerseits und einer kulturellen Logik des strategischen Schenkens andererseits. Im Gegensatz dazu unterstreichen die Autoren dieses Bandes die große Bedeutung von Reziprozität auch für moderne Gesellschaften. Die hier abgedruckten Texte von Mauss, Sahlins, Simmel, Gouldner, Blau, Bourdieu und Caillé erläutern zunächst das Prinzip der Gabe. Anhand von Entwicklungspolitik, Generationenbeziehungen, Wohlfahrtsstaat, Stiftungswesen und Arbeitsbeziehungen wird dann im zweiten Teil des Buches gezeigt, dass implizite und explizite Reziprozitätsnormen auch heute in allen gesellschaftlichen Bereichen wirksam sind und auf die sozialen Logiken von Güterkreisläufen und Anerkennungsverhältnissen Einfluss nehmen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
Zur Theorie der Gabe und Reziprozität
Frank Adloff und Steffen Mau
II. Klassiker der Ethnologie und Anthropologie
Die Gabe
Marcel Mauss
Zur Soziologie des primitiven Tauschs
Marshall D. Sahlins
III. Soziologische Theorieansätze
Exkurs über Treue und Dankbarkeit
Georg Simmel
Etwas gegen nichts. Reziprozität und Asymmetrie
Alvin W. Gouldner
Sozialer Austausch
Peter M. Blau
Die Ökonomie der symbolischen Güter
Pierre Bourdieu
Die doppelte Unbegreiflichkeit der reinen Gabe
Alain Caillé
IV. Anwendungsfelder
Reziprozität in familialen Generationenbeziehungen
Betina Hollstein
Die gift economy moderner Gesellschaften
Zur Soziologie der Philanthropie
Frank Adloff und Steffen Sigmund
Reziprozität und Anerkennung in Arbeitsbeziehungen
Stephan Voswinkel
Reziprozität und Wohlfahrtsstaat
Stephan Lessenich und Steffen Mau
Die Gabe der Entwicklung
Nathalie Karagiannis
Autorenverzeichnis
Sachregister
Personenregister